berliner szenen Tanz in Tegel

Der Becker-Hecht

Tegel, 22 Uhr 10. Die Maschine aus Zürich verspätet. Zwei Freunde, die per Swissair aus Zaragoza via Schwyz erwartet werden, kreisen noch auf 1.000 Fuß in der Anflugschneise. 30 Minuten später: Ein Checker mit Hut aus Tweedstoff drückt seine Nase an der Scheibe platt. Man kennt das: die Typen, die von der anderen Seite des Ankunftsterminals den Balztanz aufführen, um ihre Verwandten, die sie abholen, aufzuwecken. Doch der macht mehr: Springt kurz durch die Schiebetür und stellt sein Handgepäck demonstrativ nach draußen. Aus dem Transit in die Wirklichkeit.

Just in dem Moment fällt mir mir auf: Die Fresse kennst du! Das ist Boris, der Boris. Und er feixt mir zu? Nein, sein Blick richtet sich auf jemanden einige Zentimeter neben mir. Ich drehe mir zur Seite, eine Frau mit Locken: Lilly. Sie ist größer als in den Medien und schlanker. Und neben ihr die grauen Herren (der Security-Bär und der Chauffeur).

Boris war nie mein Held, aber der meines „Sportschau“-begeisterten Vaters. Da war er wieder, der Becker-Hecht. Er schlüpft als Erster durch die Schiebetür. Er hüpft behände weiter und trifft auf Lilly. Und zeigt, wie um den zahlreich gezückten Fotohandys der Umstehenden Tribut zu zollen, eine Kür auf einem Bein. Das Gesicht nähert sich verdächtig nah Lillys Mund, nein, aber er küsst sie nicht, nur die Luft über ihrer Wange, greift gleichzeitig an ihren Po. Das macht man so, in der Schweiz, denke ich, und Lilly lacht. Chauffeur und Security-Bär schnappen die Taschen.

Meine Freunde, verschwitzt und besoffen, torkeln durch die Absperrung. Noch einmal blitzen die Fotohandys. Zwar nicht in ihre Richtung, doch sie posieren brav. Mann, was für eine Begrüßung in Deutschland, donnern sie. TIMO BERGER