„Die Zwangsabgabe ist ein Schlag ins Gesicht“

Bernd Rohwer, SPD-Wirtschaftsminister von Schleswig-Holstein, fordert, die Ausbildungsplatzabgabe zu differenzieren

taz: Herr Rohwer, Ihre Parteifreunde in Berlin planen eine Zwangsabgabe für Betriebe, die zu wenig Ausbildungsplätze anbieten. Sie haben die Pläne strikt abgelehnt. Warum?

Bernd Rohwer: Es geht um das wichtige gemeinsame Ziel, Ausbildung für alle zu erreichen. Die Debatte geht um den besten Weg dahin. Wir konnten in Schleswig-Holstein nach massiven Anstrengungen sehr viele Ausbildungsplätze akquirieren. Jetzt haben wir mehr Stellen als im Vorjahr. Wir haben uns zum Ziel gesetzt: Jeder, der einen Ausbildungsplatz will, bekommt auch einen. Das haben wir geschafft. Mit einer wirklichen Bürgerbewegung haben wir ein gutes Klima erreicht. Eine Abgabe wäre ein Schlag ins Gesicht derer, die diese Anstrengungen unternommen haben.

Aber wenn es stimmt, dass Ihre Unternehmen alle so vorbildlich ausbilden – dann müssen sie die Umlage doch gar nicht zahlen?

Man darf aber nicht diejenigen Betriebe bestrafen, die zwar Lehrstellen anbieten, aber gar keine geeigneten Bewerber bekommen. Wenn es aber zu einer Regelung kommt, die regionale Aspekte berücksichtigt, dann könnte ich mit der Abgabe leben.

Nach dem Berliner SPD-Entwurf soll sogar jedes Unternehmen einzeln überprüft werden. Wo ist Ihr Problem?

Da ist in den Eckpunkten noch Platz für Interpretationsspielräume. Wenn man schon prüft, dann sollte man es regionsbezogen tun. Schleswig-Holstein ist ein sehr kleines Land, es könnte als Ganzes abgetrennt werden. In den größeren Ländern müsste man einzelne Regionen betrachten.

Wenn die Unternehmen so vorbildlich ausbilden, wie Sie es darstellen, dann könnten sie durch die Umlage sogar belohnt werden. Warum wollen Sie das nicht?

Weil ich ganz andere Befürchtungen habe. Die Unternehmen, die sowieso ausbilden, könnten durch die Umlage abgeschreckt und demotiviert werden. Und die Firmen, die es nicht tun, könnten sich von ihrer Ausbildungsverpflichtung einfach freikaufen.

Aber diese Firmen bilden ja ohnehin nicht aus. Warum soll man sie dafür nicht wenigstens zahlen lassen?

Die Akquise von Ausbildungsplätzen ist ein mühsamer Prozess – aber er gelingt uns. Eine Zwangsabgabe würde da sehr negativ wirken.

Werden Sie innerhalb der SPD gegen die Umlage vorgehen?

Wir werden uns in den Prozess einbringen, wie die anderen Länder es auch tun – und auf einen Gesetzentwurf drängen, der uns Spielräume lässt.

Das Gesetz muss doch gar nicht in den Bundesrat?

Das ist richtig. Aber Ausbildung ist ein Länderthema. Da erwarte ich, dass sich der Bund mit uns abstimmt.

INTERVIEW: THILO SCHMIDT