Der Lech Walesa der RWE

Ver.di-Chef Frank Bsirske: Die Antithese zu Friedel Neuber

Er will mehr Lafontaine, weniger Schröder. Den Kampf gegen die „neoliberale“ Agenda 2010 der Bundesregierung hat sich Frank Bsirske im vergangenen Jahr zur Aufgabe gemacht. Jetzt ist er Aufsichtsratschef eines der größten Energieunternehmen Deutschlands. Nach dem Tod des ehemaligen West LB-Patrons und RWE-Aufsichtsratsboss Friedel Neuber ist Frank Bsirske, der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, der neue starke Mann der RWE. Zumindest vorübergehend steht er dem Gremium vor – noch steht nicht fest, wann ein Nachfolger gewählt werden soll.

Frank Bsirske stellt die Antithese zum self-made-man und Filzokraten Neuber dar. Seine Frau lernte der Arbeitersohn auf einer Demonstration kennen, mit siebzehn flog er aus der SPD, weil er Unterschriften für die DKP sammelte. Als Ver.di Chef profilierte sich der Mann mit dem Lech-Walesa-Gedächtnis-Schnäuzer mit Klassenkämpfer-Rhetorik als Betonkopf und Nervensäge im Ohr von Bundeskanzler Gerhard Schröder. „Der hat inhaltlich nichts anzubieten“, ist alles, was Schröder zu Bsirske einfällt.

Wie wohl sich das jetzige Grünen-Mitglied Bsirske an der Spitze des von den nordrhein-westfälischen Parteifreunden mit Liebe bekriegten „Quasi-Monopolkonzerns“ RWE (Energiepolitiker Reiner Priggen) fühlen wird, ist fraglich. Allerdings: In seiner bisherigen Tätigkeit im Aufsichtsrat ist Bsirske auch nicht unbedingt durch Solidaritätsadressen an umgesiedelte Braunkohle-Opfer oder Naturschützer aufgefallen.

Erfreuen können wird sich Bsirske sicherlich an der Vorstellung, wie ekelhaft es Deutschlands Manager-Elite aufstößt, ihn an der Spitze der RWE zu sehen. Gut vorstellbar sind die zu erwartenden neuen Tiraden gegen die perversen Auswüchse der betrieblichen Mitbestimmung von Arbeitnehmervertretern. Aber dies zurückzuschlagen wird Bsirske nicht schwer fallen – in gewohnter Beton-Gewerkschaftsmanier. KAN/TEI