FDP in den Häuserkampf

Niedersachsens liberaler Fraktionschef Philipp Rösler (31) will den Grünen in den Städten Paroli bieten. Der Partei fehle es an Sympathie und Emotionen

taz: Sie rufen die FDP zum Häuserkampf gegen die Grünen auf. Die Liberalen sollen vor allem in den Städten wieder mehr Wähler gewinnen. Wie soll das funktionieren?

Philipp Rösler: Wie der Name „Häuserkampf“ schon sagt: Man soll von Tür zu Tür gehen und „Hallo“ sagen. Die FDP soll in die Milieus eindringen, wo wir inhaltlich zurzeit nicht stattfinden. Im Ökobereich, im Theaterbereich. Da gehen viele FDPler hin, aber kaum einer wagt zu sagen, dass er Liberaler ist. Die FDP ist nicht nur Lambsdorff.

Gerade haben Sie neue Atomkraftwerke gefordert. Das dürfte vielen in ihrer angepeilten Wählerschaft kaum passen.

Unsere Position ist „Wir wollen den Ausstieg aus dem Ausstieg“. Ob wir neue Atomkraftwerke brauchen, muss die Industrie entscheiden. Viele Wähler erkennen längst selber, dass man nur mit regenerativen Energien den Bedarf nicht decken kann. Wer grün wählt, sorgt dafür, dass die Lichter bei uns bald ausgehen.

Sie sagen, die Partei solle „mehr Emotionen wagen“. Drohen uns da neue Guidomobile und Fallschirmspringer?

Ich als Segelflieger habe nie verstanden, warum man aus einem intakten Flugzeug während des Fluges aussteigt. Aber im Ernst: Freiheit ist doch ein sympathischer Begriff. Es geht uns nicht nur um Steuersenkung und Entbürokratisierung, „liberal“ ist auch ein Lebensgefühl.

Bezieht sich „sympathischer“ auch auf Ihr Führungspersonal Westerwelle und Gerhardt?

Auch Gerhardt und Westerwelle sind ziemlich sympathisch. Wir sind eine sympathische Partei, das wissen nur zu wenige.

Auch Ihr niedersächsischer FDP-Umweltminister ist gerade vielen Grünen nicht als Obersympath bekannt.

Jeder, der Herrn Sander kennt, wird ihn auf Anhieb sympathisch finden. Einige Grüne sehen das vielleicht anders, weil sie bei der Energieversorgung oder bei der Ausweisung von FFH-Gebieten anderer Meinung sind.

Inhaltlich fällt es schwer, die FDP zu orten: Ob Kopftuchregelung oder Härtefallkommission – Sie haben es schwer, sich gegen den großen Koalitionspartner CDU durchzusetzen.

Sie schauen natürlich dahin, wo es nicht ganz geklappt hat. Aber: Wir haben trotz Sparkurs die Investitionen für den Tiefwasserhafen durchgesetzt, bei Hartz IV dafür gesorgt, dass die Arbeitsvermittlung nicht allein der Bundesagentur überlassen wird – klare liberale Akzente!

Die vielen Arbeitsgemeinschaften der Kommunen in Niedersachsen schreibt sich die Staatskanzlei auf ihre Brust.

Die Idee kam von uns. So ist das häufig: Andere setzen sich drauf.

Mit welchen FDP-Themen wollen Sie denn diese Woche im Landtag bei den grünen Wählern punkten?

Wir wollen die Lehrerausbildung auf neue Füße stellen. Erfahrungen aus unserem Besuch beim PISA-Sieger Finnland werden Thema der aktuellen Stunde sein. Die Grünen haben da bei uns ganz schön viel abgekupfert.

Die Grünen erreichen in vielen Städten 20 bis 30 Prozent. Wann soll die FDP so weit sein?

Wir haben in Hannover bei der Europa-Wahl enorme sieben Prozent erreicht. Vielleicht ist es eine Generationenfrage, bis wir so weit sind wie die Grünen. Und eine Frage des Images: Die Grünen sind bei weitem nicht die Bürgerrechtspartei, für die sie sich halten. Und wir können nicht nur gut Krawatte binden. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass bei der freien Kulturszene nicht so stark gekürzt wird. Acht Millionen Euro sollten es sein, 1,35 sind es geworden. Das hat vorher keiner für möglich gehalten.Interview: Kai Schöneberg