Fuck you very much

Mit Beginn des Festivals „Mad(e) in Amerika“ in der Schwankhalle endet die taz-Serie „Briefe an den Präsidenten“. Im letzten Teil an der Feder: Til Mette, taz- und stern-Cartoonist mit Wohnsitz New York

Kommenden Dienstag wird in den USA gewählt. Bush oder Kerry? Für viele US-amerikanische Künstler ist diese Frage zur Schicksalsfrage geworden. Das Junge Theater wird ab heute bis zum 3.11. unter dem Titel „mad(e) in Amerika“ in der Schwankhalle amerikanische und deutsche Künstler präsentieren, die sich mit Politik und Kultur in den USA beschäftigen. Vorab haben das Junge Theater und die taz Menschen aus Kultur und Wirtschaft gebeten, an den amtierenden, zukünftigen oder idealen US-Präsidenten einen Brief zu schreiben. Letzter Teil: Til Mette, Cartoonist mit Wohnsitz New York.

Dear Mr. President,

die taz-Bremen bat mich, Ihnen einen Brief zu schreiben. Ich gestehe, von selber wäre ich nicht auf die Idee gekommen, denn ich schreibe ja kaum noch meiner Mutter aus dem Urlaub eine Postkarte.

Aber dann fand ich Gefallen bei dem Gedanken, dass die taz-Leser denken könnten, die Bremer taz hätte einen Maulwurf in der Poststelle des Weißen Hauses sitzen, der die Bremen-relevante Post aus der Korrespondenz fischt und der taz heimlich zufaxt.

Kriegen Sie jetzt keinen Schreck, Herr Bush, die taz hat bestimmt keinen Spion in Ihrem Hause versteckt, und Sie können die Adresse taz-Bremen, Schlachte 1, 28195 Bremen getrost wieder als Zielkoordinate von der Achse des Bösen streichen.

Zurück zum Brief... das Anliegen meines Schreibens bezieht sich auf das Gerücht, Sie wären bei der zweiten TV-Debatte elektronisch verkabelt gewesen und man hätte Ihnen heimlich Stichworte zugeflüstert, um Ihrem Rivalen, dem forschen John Kerry, Paroli zu bieten. Lieber Herr Bush, ich habe alle drei Debatten angeschaut und glaube nie im Leben, dass Ihnen da jemand was ins Ohr geflüstert hat. Welcher republikanische Spindoctor würde sich denn so einen gestammelten Humbug ausdenken, wie Sie ihn da vorgetragen haben?

Wenn die Medien auf einem Foto unter Ihrer Hose eine Gehhilfe vermutet hätten, dann hätte ich das schon eher geglaubt. Denn nach Ihrem Auftritt zu urteilen, konnte man wirklich Angst haben, dass Sie über Ihre eigene Eloquerolenz stolpern. Aber dieser unförmige Kasten da auf Ihrem Rücken unter‘m Sakko mit den 3-4 Querrippen... schon merkwürdig. Alle haben wild spekuliert und keiner ist drauf gekommen.

Außer mir!!! Herr Präsident, geben sie‘s zu, sie sind ein Hosenscheißer und unter Ihrem Jacket war‘ne kugelsichere Weste. Sie trauen selbst Ihrem eigenen Wahlvolk nicht mehr über den Weg und ihr Vize Dick Cheney sieht in Wahlkampfreden Bin Laden und Kerry an einem Strang ziehen. Vielleicht wäre es nach all dem Stress der letzte Jahre jetzt an der Zeit, sich eine kleine Auszeit zu gönnen.

Ich weiß, das sehen Sie anders, alle die in einer derartigen Verfassung sind wie Sie, sehen das anders. Lassen Sie doch mal probehalber, nach all dem Chaos, das Sie angerichtet haben, einen Profi den Job des amerikanischen Präsidenten machen. Jetzt werden Sie stutzen und mir für den Bruchteil einer Sekunde Recht geben... aber, da kommen schon Paul Wolfowitz und Carl Rove angewetzt, Ihre beiden zähnefletschenden Gehirnhälften und bellen was von Terrorbedrohung, Anti-Terror-Überwachung und von noch mehr Bomben auf den Irak in Ihren hohlen Cowboyschädel.

Seit Anfang dieses Jahres gehöre ich zu Ihrem Wahlvolk und fiebere nun mit diebischer Freude dem Wahltag entgegen, wo ich mit meiner Stimme die Ihre eliminieren werde. Fuck you very much for the last four years, Ihr

Til Mette