berliner szenen Schuhe und Kunst

Der Linksromantiker

Alles eine Frage des Auftritts: Die Bundesdruckerei hat anlässlich ihres 125-jährigen Jubiläums Studenten der UdK eingeladen, Bilder zum Thema „Identität im digitalen Zeitalter“ zu malen. Sie stellt die Arbeiten im Künstlerhaus Bethanien aus und schmückt mit ihnen die Jubiläums-Festschrift. In letzterer erfährt man, dass die Bundesdruckerei ein Privatkonzern für Hochsicherheitstechnologie ist, der weltweit automatische Grenzkontrollen mit biometrischen Merkmalen einführen will – dazu gehören z. B. Augenscans. Was macht die Bundesdruckerei im Künstlerhaus Bethanien?

Die Pressesprecherin der Bundesdruckerei erklärt, dass man über die Konnotationen des Orts „Bethanien“ nicht nachgedacht habe und zeigt sich über Nachfragen zur Finanzierung der Ausstellung irritiert. Klar wird: Altmodische Linksromantiker wirken auf die private Kunstförderung wie Aliens. Dieses Gefühl vermittelt auch der Kurator der Ausstellung, Michael Schultz. Man sei doch schon viel weiter in der Diskussion, privates Sponsoring längst Realität. „Sie dürfen dann auch keine Schuhe von Salamander tragen“, legt er einen drauf. So gekonnt das Kuratieren mit den Mechanismen der Globalisierung zu verknüpfen, gelingt nicht jedem.

Trotzdem: Was hat das Künstlerhaus von der Blitzausstellung? Geschäftsführer Christoph Tannert erklärt, er stelle nur die „Raumhülle“ zur Verfügung. Miete sei nicht verlangt worden. „Uns haben die künstlerischen Positionen der jungen Maler gelockt“, sagt er. Wie schön: Endlich mal wieder entspanntes l’art pour l’art. Die Bundesdruckerei hat auch schon einige Bilder gekauft. Bei so viel Kunstbegeisterung grübelt der Linksromantiker nur noch: Wie pc sind „Camper“-Schuhe? TIM ACKERMANN