Törichte Posse

Bürgerschaft debattiert Berlin-Konkurrenz: Koalition wirft der Hauptstadt „perversen Staatskapitalismus“ vor

Die Scheinheiligen und beleidigten Leberwürste geben sich ein Stelldichein. Wenn die Bürgerschaft den Wettlauf zwischen Berlin und Hamburg um Unternehmen, Ansehen und Image debattiert wie gestern Nachmittag, dann nimmt der Hanseate übel.

Dass die Hauptstadt Warner Music mit Zuschüssen umwirbt, wie sie es zuvor schon erfolgreich mit Universal tat, dass die Deutschlandpremiere des US-Streifens „Master and Commander“ zum Zankapfel zwischen den Städten wird – all das ist für die Koalitionäre „Subventionsmissbrauch in Reinkultur“. Oder, wie FDP-Fraktionschef Burkhardt Müller-Sönksen es so unnachahmlich nennt, „perverse Ausprägung des sozialistischen Staatskapitalismus, der in Berlin regiert“.

Müller-Sönksen steuerte damit immerhin Unterhaltungswert bei, indem er die rot-roten Senatoren in Berlin als „Anhänger der reinen marxistischen Lehre“ bezeichnete: „Wir zahlen in Hamburg noch den Strick, mit dem Berlin uns stranguliert“, schimpfte der FDP-Mann, der in diesem Fall den sonst von seiner Partei so hoch gelobten Wettbewerb als „süßes Gift“ geißelte.

Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) wollte in Sachen Witzigkeit da nicht zurückstehen und betonte, er werde „allen Versuchen Berlins, die Werft Blohm&Voss an den Wannsee zu holen, energisch widerstehen“.

Wobei Uldall mit Blohm&Voss der SPD das Stichwort lieferte. Deren wirtschaftspolitischer Sprecher Ingo Egloff nannte das Hickhack um das Großplakat für „Master and Commander“ am Blohm&Voss-Dock eine „Provinzposse, über die man auch in Schleswig-Holstein noch lacht“. Das Filmplakat der 20th Century Fox sollte wegen des Verstoßes gegen das Werbeverbot zunächst abgehängt werden und bleibt nun doch vorerst hängen, nachdem die Firma gedroht hatte, ihre deutschlandweite Filmpremiere andernfalls in Berlin statt in Hamburg zu feiern. Dieses Hin und Her erinnere an „Loriot“, meinte Egloff.

Bausenator Mario Mettbach (Schill) und seine Behörde wiesen dagegen darauf hin, dass man nicht gegen Recht verstoße, wenn das Plakat nun hängen bleibe. Nutze man doch damit lediglich den Ermessensspielraum aus, den die Behörde habe. Und dass es überhaupt Schwierigkeiten wegen des Plakates gegeben habe, liege allein an den Auflagen des Bezirksamtes Mitte – „und das ist ja wohl SPD-regiert“, fand Mettbach. PETER AHRENS