Renovierung des Reglements

Die Rennrodler erproben in diesem Winter ein paar Neuerungen – allerdings mit Vorbehalt

MÜNCHEN taz ■ Als Georg Hackl auf die neuen Regeln in seinem Sport angesprochen wurde, tat er, als interessiere ihn das kaum. „Am Modus wird seit Jahrzehnten rumgedoktert“, sagte der dreimalige Olympiasieger aus Berchtesgaden; Einschneidendes sei nie passiert und auch nicht zu erwarten: „Es ist immer noch so, dass der eine erst runterfahren kann, wenn der andere unten ist. Einen Massenstart wird es nicht geben.“ Obwohl gerade der nun wirklich spektakulär wäre im Vergleich zu den „revolutionären Neuerungen“, die Josef Fendt angekündigt hat für diese Weltcup-Saison, die am Wochenende in der lettischen Stadt Sigulda beginnt.

Wegen anhaltender Kritik hatte der Präsident des Rodel-Weltverbandes im Frühjahr seine Experten versammelt, um zu beraten, wie man den Sport attraktiver präsentieren kann. Das Ergebnis: Statt bisher 7 wird es 8 Weltcup-Rennen geben. Ein Mannschaftswettbewerb kommt dazu, dafür werden die Teilnehmer weniger. Ab sofort dürfen nur noch 30 Männer, 22 Frauen und 15 Doppelsitzer mitmachen. Wer sich nicht für den Weltcup qualifiziert, darf im Nationencup weiterüben, quasi der Formel 3 des Rodelns. Zudem bekommen die jeweils 15 besten Athleten weniger Trainingsmöglichkeiten. „Wir hoffen, dass sich dadurch die Leistungsschere wieder schließt“, erklärte Fendt.

Der zweimalige Weltmeister aus Berchtesgaden ist begeistert vom Reformvorhaben: „Die letzte Änderung ist lange her, vielleicht fünfzehn Jahre.“ Die Geschichte hat nur einen Haken: Das Rennrodeln wird nur unter Vorbehalt revolutioniert. „Bisher sind Neuerungen immer von den schwächeren Verbänden blockiert worden“, sagt Karl Zenker aus Zwickau, der Vorsitzende der Sportkommission. Weshalb Präsident Fendt die Revolution vorsichtshalber als Test deklariert hat, um ein Veto des obersten Verbandsorgans zu vermeiden. Nun wird also offiziell getestet, aber nur bis zum Jahresende und auch nur in der Weltcup-Serie; beim letzten Rennen 2003 in Lake Placid wird entschieden, wie es weitergeht. „Ich gehe davon aus, dass wir die ganze Saison durchziehen, wenn nicht alles in die Hose geht“, sagt Fendt.

Den Überblick zu wahren wird schwer, zumal die Europameister in Oberhof (1. bis 5. Januar) und die Weltmeister in Nagano (9. bis 15. Februar) nach den alten Regeln ermittelt werden. Aber so ist das halt bei Revolutionen, da geht es mitunter chaotisch zu, und „man kann keine gerechte Lösung finden“, wie Fendt sagt. Der Funktionär ist trotzdem optimistisch, sein Ziel zu erreichen, „dass die Tests erfolgreich sind und die Zustimmung beim Kongress dann höher ist“.

Für den Athleten Georg Hackl ist die Renovierung des Reglements bloß eine Marginalie. Damit das Rennrodeln in der Gunst der Öffentlichkeit nicht weiter hinter andere Wintersportarten zurückfällt, fordert der 37-Jährige: „Der Sport muss im Fernsehen attraktiver sein, und die Zuschauer an der Bahn müssen besser betreut werden.“ Karl Zenker versichert: „Wir sind schon dabei, die Weltcups zu einem Event zu machen. Es soll nicht nur die Rennen geben, sondern auch darum herum etwas, zum Beispiel Blasmusik.“ Hackl hat noch eine bessere Idee. Vom Biathlon und dem Skilanglauf hat er abgeschaut, dass es dort Veranstaltungen vor großem Publikum in Großstädten gibt. So etwas Ähnliches wäre auch im Rodeln möglich, glaubt er: „Es gibt Skihallen, da könnte man Sprint-Eisbahnen installieren und Rennen fahren –das wäre eine Riesengaudi.“

JOACHIM MÖLTER