Aug in Aug mit Madonna

„Ans Licht geholt“: Eine Ausstellung in Kempen trägt mittelalterliche Skulpturen der Region zusammen. Was sonst in Tresoren und dunklen Winkeln ein einsames Dasein fristet, wird im Kramer Museum in Positur gerückt

Historische Skulpturen fristen oft ein einsames Dasein. Eingepfercht in dunkle Tresore, thronend auf dem Gesims einer Kirche entziehen sie sich zuweilen dem geneigten Blick des Betrachters. Eine Ausstellung im niederrheinischen Kempen klaubt deshalb wichtige Exponate des Mittelalters zusammen – und bringt sie auf Augenhöhe.

Eine Madonna aus dem frühen 15. Jahrhundert zum Beispiel, bei deren Ansicht man sich ansonsten eine ordentliche Nackensteife einfängt, ist im Kempener Kramer Museum Aug in Aug zu sehen. Das ist einerseits kunsthistorisch von Bedeutung, da aus dieser „dunklen“ Zeit nur wenige Stücke erhalten sind. Andererseits birgt die Schau auch kulturhistorische Werte: So war der Sprach- und Kulturraum am Niederrhein, heute politisch in Niederlande und Deutschland geteilt, früher noch weit homogener als heutzutage. Auch das beabsichtigt Kurator Ulrich Schäfer: Die Region wieder näher zusammen zu bringen, Brücken zu schlagen, vermeintliche Grenzen einzudampfen. Kunst kennt ja ohnehin keine Grenzen.

Nach dem finanziellen Wert der Ausstellung zu fragen, gefällt Schäfer daher nur begrenzt. Kunsthistoriker wollen Kunstwerke nicht mit Geld aufwiegen. Deshalb ziert sich Schäfer zunächst, beziffert die Schau letztlich aber doch noch: auf „mindestens eine halbe Million Euro“. Das müsse schließlich der Versicherung gemeldet werden, sollten die Werke so bedeutender Bildhauer wie Arnt van Tricht oder Henrick Douverman verschütt gehen. 50 Exponate sind es insgesamt. Darunter auch solche, die nicht abgebeizt und neu bemalt wurden, sondern noch die wertvolle, wesentlich arbeitsintensivere Bemalung aus ihrer Entstehungszeit tragen.

BORIS R. ROSENKRANZ

„Ans Licht geholt“, Kempen, Kramer-Museum, 31.10.2004 bis 2.10.2005Infos: 02152-917264