Der graue Wolf ist zurück

Ex-Betriebsrat Peter Jaszczyk will GM verklagen

„Eigentlich habe ich gedacht, dass ich als Pensionär Zeit für meine Enkel haben würde“, sagt Peter Jaszczyk. Der ehemaliger Bochumer Betriebsratschef und Aufsichtsrat der Adam Opel AG hat sich geirrt: „Wenn ich nicht schlafe, verbringe ich den größten Teil meiner Freizeit mit Opel und der Politik,“ gibt er zu.

Pensionär Jaszczyk, 61 Jahre alt, ist omnipräsent im Streit um den geplanten Arbeitsplatzabbau bei Opel – einem Streit, den er schon vor vier Jahren vorausgesagt hatte. „Die Filetstücke werden herausgenommen. Opel wird in drei oder vier Jahren nur noch aus verschiedenen GmbHs bestehen“, hatte der als streikbereiter Hardliner bekannte Jaszczyk die Sparpläne der General-Motors Führung bereits im Jahr 2000 vorweg genommen.

Zwei Jahre nach seinem Rücktritt als Betriebsratschef ist der Mann mit der Hornbrille und den breiten Arbeiterpranken nun wieder zurück – vor dem Werkstor und in den Medien. Auf sagenhafte 374 Milliarden Euro will der graue Wolf der Bochumer Opelaner gemeinsam mit 24 Kollegen den Autogiganten GM vor einem US-amerikanischen Gericht verklagen – wegen „Bilanzschiebereien“ und „Mobbing“ gegen die Belegschaft. Zu überhöhten Kosten habe Opel Teile von anderen GM-Töchtern einkaufen müssen, im Gegenzug seien Entwicklungskosten nicht ausreichend vergütet worden. Eine Sanierung der anderen Konzerntöchter auf Kosten von Opel? „Die haben uns ausgenommen“, ist sich Jaszczyk sicher.

Jaszczyk und seine Kollegen haben einen Anwalt aus dem Bundesstaat Idaho engagiert – zunächst ohne Honorar, dafür mit versprochener Erfolgsprämie. Die Gruppe fühle sich als Stellvertreter der 60.000 Opel-Beschäftigten in Europa, sagt Jaszczyk. Ob die Gerichte diesen Mitvertretungsanspruch anerkennen und seine Klage akzeptieren, weiß er nicht: „Vielleicht sammeln wir ja auch Unterschriften. Aber dann könnte es sein, dass 40.000 Opelaner als Zeugen nach Amerika müssten.“

Aus Protest gegen die Sparpläne von GM hat Jaszczyk die Urkunde für seine 40-jährige Betriebszugehörigkeit zurück gegeben. Zum Unternehmen gehört er schon seit dem Jahr 2002 nicht mehr: Nach einer Bestechungsaffäre um die Betriebsratswahlen widersetzte sich das Gremium seiner Forderung nach Neuwahlen, Jaszczyk trat von allen Ämtern zurück. Dennoch kennt kaum jemand die Seele der Opelaner so genau wie er: Jaszczyk leitete in den 80er Jahren das so genannte Opel Forum, die innerbetriebliche Opposition der Opelaner, sah sich danach im Aufsichtsrat als „Co-Manager“, wechselte von der DKP zur SPD und trat auch dort wieder aus – Flügelkämpfe ist er gewohnt.

Geblieben sind Jaszczyk aus seiner Zeit als Betriebsratschef viele sorgsam gepflegte Feindschaften. Bochums IG-Metall-Chef Ludger Hinse bezeichnet ihn schlicht als „bekloppt“, und auch mit den jetzigen Opel-Betriebsräten, die in Rüsselsheim mit dem GM-Management um die Zukunft des Unternehmens ringen, kann Jaszczyk wenig anfangen. Leicht untertrieben ist deshalb auch, dass Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz Jaszczyks juristische Offensive als „nicht mit uns abgesprochen“ bezeichnet. „Unliebsamer Querschuss“ träfe es wohl besser.

Jaszczyk beteuert, dass die Klagedrohung die Verhandlungen „positiv beeinflussen“ werde. „Ich will den Betriebsräten doch nichts Negatives“, sagt er. Wirklich vertrauen mag er deren Verhandlungsgeschick allerdings nicht: „Ich bin da wenig optimistisch“.

Sollte sich Opel tatsächlich aus Bochum verabschieden, müsste Peter Jaszczyk nicht lange nach einem neuen Betätigungsfeld suchen: Mit dem drittbesten Ergebnis aller Kandidaten wurde Jaszczyk vor zwei Wochen in den 15-köpfigen Vorstand der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit gewählt. Viel Zeit für seine Enkel werde ihm nicht bleiben, sagt Jaszczyk: „Aber dazu haben mich Opel und die Politik der Bundesregierung gezwungen.“ KLAUS JANSEN