Die dritte Generation

Nach dem legendären Opa „Penny“ und Vater Frank setzt die Schülerin Mandy die Fußball-Tradition der Familie Islacker im Ruhrpott fort

AUS DUISBURGROLAND LEROI

Mandy Islacker ist eine eher schüchterne junge Frau. Als die Fußballerin des Frauen-Bundesligisten FCR Duisburg neulich nach einem Spiel vom Lokalradio zum Interview gebeten wurde, nahm sie geschickt Reißaus. „Bloß kein Mikrofon, das kann ich nicht“, flehte die 16-Jährige zähneklappernd und wurde erhört. Man mag ihr ihre Scheu nachsehen, oft wird sie sich eine solche Flucht in Zukunft aber wohl kaum erlauben können. Denn die Schülerin scheint wie geschaffen für so manche Home-Story. Einerseits, weil sie als ein großes Talent gilt und schon in der Frauen-Bundesliga zum Einsatz kommt. Viel mehr aber sorgt ihr Name für Interesse. Mandys Großvater Franz Islacker, den alle „Penny“ riefen, ist so etwas wie eine Legende. 1955 schoss er Rot-Weiss Essen mit drei Toren im Finale beim 4:3-Sieg gegen Kaiserslautern zur Deutschen Meisterschaft, zwei Jahre zuvor holte er mit RWE den DFB-Pokal. Wenn im Ruhrpott der Name Islacker fällt, bekommt vor allem die ältere Generation feuchte Augen.

Mandy weiß, dass sie in traditionsreiche Fußstapfen tritt. „Ich werde ja jede Woche darauf angesprochen“, sagt die Essenerin, die das keineswegs als unangenehm empfindet. „Im Gegenteil, es macht mich stolz, wenn sich Menschen durch mich an meinen Opa erinnern. Er hat ja schließlich eine Menge erreicht“, meint sie. Mandy kennt alle Geschichten durch Erzählungen, denn 1970, als „Penny“ starb, war sie noch nicht geboren: „Wir haben auch keine alten Filme von seinen großen Spielen.“

Deshalb reagiert sie verhalten, wenn die Frage nach den Fußball-Genen kommt. „Weiß nicht, ich spiele Fußball, weil es mir Spaß macht“, erzählt Mandy schüchtern. Bereits mit vier Jahren hat sie beim BV Altenessen begonnen, weil ihr Vater dort eine Jugendmannschaft trainierte. Papa Frank, der 1982 drei Bundesliga-Partien für den VfL Bochum absolviert hatte, dann aber mit einem Kreuzbandriss seine Karriere frühzeitig beenden musste, hielt zunächst allerdings wenig von dem Mädchen-Gebolze. „Fußball ist Männersport, habe ich immer gedacht“, erinnert sich Frank Islacker, der die sportliche Familien-Tradition nach der Geburt zweier Töchter schon als beendet betrachtete. „Wenn Mandy das erste Mal hinfällt, hat sie die Nase vom Fußball voll“, hatte der Vater damals zu seiner Frau Andrea gesagt.

Mandy stand aber wieder auf und machte weiter. Inzwischen hat sie Opa und Papa in gewissen Punkten sogar überholt. Am vergangenen Sonntag feierte sie beim 4:1-Sieg über die SG Essen-Schönebeck ihren sechsten Bundesliga-Einsatz – den ersten von Beginn an – und erzielte ihr zweites Tor. Zwei Länderspiele für das deutsche U 15-Team hat sie auch schon absolviert; eins mehr als „Penny“, der sich laut Familien-Saga 1955 mit Bundestrainer Sepp Herberger angelegt hatte und nicht mehr nominiert wurde.

„Am Frühstückstisch muss ich mir das jetzt immer anhören“, sagt Frank Islacker, der mehr als nur bloßen Vaterstolz empfindet. Es sei wunderbar, dass der Name Islacker nun schon in dritter Generation den Fußball belebt. „Wir haben das wohl alle im Blut“, glaubt der Mann, der heute als LKW-Fahrer für die Essener Wirtschaftsbetriebe arbeitet. Als Mandy ihr erstes Länderspiel gegen die Niederlande bestreiten durfte, habe ihr Vater „eine echte Gänsehaut“ bekommen.

Mittlerweise hat sie den Sprung in die DFB-U 17 geschafft. „Momentan habe ich wohl einen echten Lauf“, sagt die Realschülerin, die vom Duisburger Stadionsprecher stets als „unser Küken“ vorgestellt wird. Ihr Trainer Jürgen Krust geht freilich sorgfältiger mit den Lobeshymnen um. „Mandy hat eine Menge Potenzial, muss aber ständig an sich arbeiten. Bis jetzt hat sie ja noch nichts erreicht“, meint der Coach, dessen Team nach vier Spieltagen die Tabelle anführt.

Frank Islacker ist davon überzeugt, dass die Karriere steil nach oben geht. „Nicht der Name ist wichtig, entscheidend ist auf dem Platz. Dafür arbeitet sie im Training wie besessen“, sagt der 41-Jährige, den es einzig wundert, dass Mandy im Gegensatz zu Großvater und Vater mit einem starken linken Fuß schießt. „Wir haben früher alles mit rechts gemacht“, sagt er. Seiner Tochter konnte er das Versprechen abnehmen, dass sie ihren Zopf behält, um im Frauenfußball nicht als optisches Mannsweib zu enden.

Mandy hat sich bis jetzt dran gehalten. Überhaupt sei es ihr wichtig, dass die gute Fußball-Tradition der Islackers fortgesetzt wird. „Wenn ich mal heirate, werde ich meinen Namen in jedem Fall behalten. Sonst fällt die Hochzeit eben flach“, sagt sie. Bis es soweit ist, hat sie sich vielleicht an ihre Popularität gewöhnt und muss nicht mehr vor Mikrofonen davon laufen.