Goethe in Ostfriesland

Bei den „Auricher Wissenschaftstagen“ dreht sich von Sonntag an alles um Quantengase, Gravitationswellen und Farbenlehre

Aurich taz ■ „Ich seh dich in Aurich“, lautet das Motto der 40.000-Einwohner-Stadt in Ostfriesland. Im Herbst sieht man sich dort im Güterschuppen bei den „Auricher Wissenschaftstagen“. Aus ganz Ostfriesland, aber auch aus Oldenburg und Bremen kommen dann Hunderte von Menschen in das ehemalige Bahnhofsgebäude. Dort lauschen sie Vorträgen über Gravitationswellen, Quantenmechanik oder Goethes Farbenlehre.

Meist ist jeder Stuhl belegt, rund die Hälfte mit Oberstufenschülern. Die Referenten sind Experten auf ihrem Gebiet, kommen aus renommierten Forschungsinstituten aus ganz Deutschland. Unter ihnen auch immer wieder Nobelpreisträger. Doch egal ob mit oder ohne Nobelwürde – ein Honorar bekommen die Referenten nicht. „Alles was wir bieten können, ist viel Enthusiasmus“, sagt Mitorganisator Alexander Stracke.

Den Referenten scheint das genug. Auch die diesjährige Eröffnungsveranstaltung hat Nobelglanz. Wolfgang Ketterle, Physik-Nobelpreisträger 2001, wird am 31. Oktober den Eröffnungsvortrag halten – über Quantengase, die kälteste Materie der Welt. Klingt trocken, aber kommt offensichtlich an. Rund 500 Zuhörer erwarten die Organisatoren allein an diesem Abend.

„Wissenschaft in Ostfriesland – das geht“, sagt Stracke. Für die Auricher Schüler bleibt es nicht beim Zuhören. Rund 100 von ihnen schauen in ihren Ferien Wissenschaftlern bei der Arbeit über die Schulter. Geforscht wird unter anderem in der Sternwarte des Max-Planck-Instituts für Astrophysik in Garching oder im Eiskeller des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven.

An den Auricher Schulen zeigt sich der Erfolg. „In unseren Oberstufen wählen sehr viele Schüler naturwissenschaftliche Fächer – auch Physik und Chemie“, so Stracke. Mit diesem Erfolg im Nacken wurden die „Auricher Wissenschaftstage“ zu einem bundesweit bekannten Beispiel für erfolgreiche Wissenschaftskommunikation. Bildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) nannte das Projekt „einen dankenswerten Beitrag zur Verbesserung von Bildung und Schule“. Trotzdem bleiben die Ostfriesen auf dem platten Boden der Tatsachen. Obwohl externe Referenten dem Organisatorenteam mittlerweile ihre Dienste anbieten, weicht man von dem gewohnten Weg der Themen- und Referentenauswahl nicht ab.

„Nur der Wunsch der Schüler zählt“, sagt Stracke, der die Oberstufenschüler jedes Jahr einen Wunschzettel ausfüllen lässt. „In den ideologisch vergifteten Bildungsdebatten ist das zur Abwechslung mal ganz gut.“ Und so gibt es in Ostfriesland jedes Jahr aufs Neue ein wissenschaftliches Wunschkonzert – der Eintritt ist kostenlos. Mareike Aden

Kostenlose Karten unter Telefon 049 41/92 52 02 oder 049 41/92 28 22, wwww.auricher-wissenschaftstage.de