Keine Überraschung

Holtzbrinck darf die „Berliner Zeitung“ immer noch nicht kaufen, sagt jetzt auch das zuständige Gericht

„Überraschen“, sagt Holtzbrinck-Sprecher Rolf Aschermann und muss dann doch ein bisschen lachen, „überraschen tut einen im Grunde gar nichts mehr.“ Dabei ist das gestrige Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf für Holtzbrinck alles andere als komisch: Das in Kartellsachen zuständige Gericht hat die Beschwerde des Medienkonzerns (Zeit, Handelsblatt, Tagesspiegel) gegen das Verbot, auch die Berliner Zeitung zu übernehmen, abgewiesen.

Das Urteil haben man „mit Bedauern zur Kenntnis genommen“, so Aschenbach zur taz, schließlich hätten sich im „Verlauf der mündlichen Verhandlung gewisse Chancen“ abgezeichnet, doch noch das sich seit mehreren Jahren hinschleppende Projekt durchzuziehen. Das Kartellamt hatte den Zeitungskauf wegen der dann marktbeherrschenden Stellung des Verlags auf dem Berliner Zeitungsmarkt untersagt.

Das Gericht ist in seinem Urteil nun der Interpretation des Kartellamts gefolgt, den ehemaligen Holtzbrinck-Manager Pierre Gerckens weiterhin dem Konzern zuzurechnen. Um eine Genehmigung für den Haupstadt-Deal zu erlangen, hatte Holtzbrinck den Tagesspiegel offiziell an Gerckens verkaufen wollen. Seine Konzernmandate hatte „Mr. Handelsblatt“ zuvor zwar niedergelegt. Doch Kartellamt wie Gericht zweifelten wegen Gerckens langjähriger Tätigkeit für das Unternehmen sowie der Tatsache, dass er über eine Patenschaft persönlich mit der Eigentümerfamilie von Holtzbrinck verbunden ist, seine Unabhängigkeit als Käufer an. Derartige „weiche Faktoren“, so Aschermann, seien „juristisch sehr schwer handhabbar“. Jetzt bleibt Holtzbrinck noch der Weg zum Bundesgerichtshof. Hierüber werde aber erst nach Vorlage der Urteilsbegründung entschieden.

Außerdem dürfte der Konzern abwarten, was bei der anstehenden Reform des besonderen Kartellrechts für die Presse herauskommt. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hatte auf den Münchener Medientagen vergangene Woche bekräftigt, eine noch anstehende Neufassung der Novelle noch in diesem Jahr durch Bundestag und Bundesrat zu bekommen. Sie soll umfangreiche Kooperationen zwischen Zeitungsverlagen beim Druck, Vertrieb, Verwaltung und Anzeigen zulassen, wenn die redaktionelle Eigenständigkeit der beteiligten Titel erhalten bleibt. In Frage kommen sollen dafür alle Titel, „wenn in den letzten drei Geschäftsjahren vor Beginn der Kooperation die Anzeigen- und Beilagenerlöse dieser Zeitung rückläufig waren“ – was wegen der seit 2001 anhaltenden Zeitungskrise fast allen Verlagen mühelos gelingen dürfte. Reicht doch, oder Holtzbrinck? – „Wir hatten da weitergehende Vorstellungen“, sagt Rolf Aschermann. STG