Neues Kabinett in Ramallah

Das palästinensische Parlament bestätigt die Regierung von Ahmad Kurei. Die UNO warnt vor humanitärer Katastrophe im Westjordanland und dem Gaza-Streifen

JERUSALEM taz ■ Palästinenserpräsident Jassir Arafat hat gestern vor dem Parlament in Ramallah gefordert, die „Spirale der Gewalt“ zu durchbrechen. „Ich selbst lebe Tag und Nacht in Gefahr“, erinnerte er in dem an die israelische Bevölkerung gerichteten Appell. Gleichzeitig verurteilte er den „verbrecherischen Krieg Israels gegen die Palästinenser“. Die Abgeordneten waren zusammengekommen, um der neuen Regierung unter Premierminister Ahmad Kurei (Abu Ala) ihr Vertrauen auszusprechen.

Fünfundzwanzig Minister sitzen im künftigen Kabinett, darunter viele alte Gesichter. Problematisch bleibt der Posten des Innenministers. Abu Ala gab in dieser Frage Arafat nach, dessen Kandidat Hakam Balaui fortan Innenminister für ausschließlich zivile Angelegenheiten sein wird. Entsprechend dem internationalen Friedensplan (Roadmap) hätte die Kontrolle der Sicherheitsdienste Angelegenheit des Innenministeriums bleiben sollen. Stattdessen wird der Nationale Sicherheitsrat, der Arafat untersteht, Polizei und Geheimdienste koordinieren.

Das Kabinett soll bis Juni 2004 die Regierungsgeschäfte regeln. Dann will Abu Ala Neuwahlen abhalten, auch für das Amt des Präsidenten. Höchste Priorität Abu Alas ist das „Ende des Chaos der Waffen“ sowie ein bilateraler Waffenstillstand. Ein Hamas-Sprecher stellte eine grundsätzliche Kooperationsbereitschaft seiner Organisation in Aussicht. Umgekehrt scheint auch in Jerusalem zunächst ein zurückhaltenderes Vorgehen geplant zu sein. Die Tageszeitung Ha’aretz berichtete gestern von einer „Schonzeit“ für Abu Ala. Dessen ungeachtet stießen erneut israelische Soldaten in die Städte Kalkilia und Tulkarem vor.

Die scharfen Sicherheitsvorkehrungen Israels, so heißt es in einem diese Woche veröffentlichten UNO-Bericht, seien Grund für die „akute und chronische Fehlernährung“ in den Palästinensergebieten. Vor allem der Gaza-Streifen sei von den Reisesperren und dem Verlust der Arbeitsstellen in Israel betroffen. Über 60 Prozent der Bevölkerung lebe von „zwei Dollar oder weniger pro Tag“. Ein weiterer in New York veröffentlichter Bericht befasste sich mit den humanitären Folgen der von Israel errichteten Sperranlagen, mit denen etwa 300.000 Menschen von der Umgebung abgeschnitten würden. SUSANNE KNAUL