Juristische Winkelzüge

HAMBURG taz ■ Senat und Bürgerschaft in Hamburg haben sich für Airbus mächtig ins Zeug gelegt. Weil sich abzeichnete, dass die geplante Werkserweiterung mit dem Eigentumsrecht einiger Anlieger kollidieren würde, schufen sie zwei Spezialgesetze und sorgten überdies dafür, dass ein Bundesgesetz geändert wurde, um klarzustellen, dass das Vorhaben dem Gemeinwohl diene.

Das erste Alarmsignal war ein Baustopp, den das Verwaltungsgericht Hamburg im Dezember 2000 verhängte mit dem Hinweis, dass die damals geplante erste Pistenverlängerung vier Kläger mit Lärm belästige. Weil es sich um ein so genanntes privatnütziges Vorhaben handele, könnten diese nicht mit einer Entschädigung abgespeist werden.

Die Bürgerschaft beschloss deshalb im Juni 2002 ein Gesetz zum Erhalt und zur Stärkung des Luftfahrtindustriestandortes Hamburg, in dem lapidar festgestellt wird, dass der Werksausbau „dem Wohl der Allgemeinheit dient“.

Bereits im Frühjahr 2002 hatte Airbus um eine abermalige Verlängerung der Piste gebeten, die erstmals Enteignungen nötig machte. Per Bundesratsinitiative erwirkte Hamburg im Bundestag eine Änderung des Luftverkehrsgesetzes, nach der Enteignungen zugunsten von „Sonderlandeplätzen“ – etwa Werksflughäfen – jetzt in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fallen.

Derart gerüstet, brachte der Senat Ende 2003 ein Enteignungsgesetz auf den Weg. Auch dieses Gesetz sollte deutlich machen, dass die Pistenverlängerung mittelbar dem Gemeinwohl diene. Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts muss der Gesetzgeber hierfür sicherstellen, dass das angestrebte Gemeinwohl verwirklicht wird.

Das Hamburger Oberverwaltungsgericht überzeugte dies alles nicht. Das Gericht verhängte am 9. August einen Baustopp für das „privatnützige“ Vorhaben. Weiterhin untersagte es der Stadt die Enteignung von Grundeigentümern.GERNOT KNÖDLER