Verhandlungen in Scherben

Angebote zu schlecht: Bankgremium mit Senatoren stoppt Verkaufsgespräche zu Porzellanmanufaktur KPM. Sanierer soll den Betrieb aufpeppen. Ziel bleibt Verkauf

Für Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) war die Sache bislang klar: Es sei nicht Aufgabe des Staats, Teller und Tassen zu produzieren, lautet sein einschlägiges Zitat zum Thema Privatisierung. Folglich sollte das Land die 240 Jahre alte Königliche Porzellan-Manufaktur (KPM) verkaufen. Jetzt aber stoppte die landeseigene Investitionsbank die Verhandlungen mit den Bietern: Zu viel hätte das Land zuschießen müssen, um den verschuldeten Betrieb loszuwerden. Ein Sanierer soll ihn nun aufpeppen, damit sich danach besser verhandeln lässt. „Das ist keine Absage an Privatisierung“, sagte Wolf gestern im Abgeordnetenhaus.

Diesem Weg vertrauen Bank und Senat offenbar mehr, als jetzt zu verkaufen und die Investoren sanieren zu lassen. Aus dem Bieterkreis war gestern Skepsis zu hören: Wie solle der Sanierer binnen Monaten schaffen, was in Jahren nicht klappte?

Wer künftig das Nobelporzellan verkauft, könnte am gewöhnlichen Berliner Frühstückstisch mit erschwinglichen Ikea-Tassen von geringerem Interesse sein. Könnte, wenn das Land nicht dutzende Millionen in die Manufaktur gesteckt hätte. Mit dem Ergebnis, dass der erneuerte Gebäudekomplex am S-Bahnhof Tiergarten beeindrucken kann.

Zur „gläsernen Manufaktur“ sollte der Betrieb werden, zu einer Mischung aus Produktionsstätte und kulturellem Ort. Aber dieser Schritt sei noch nicht abgeschlossen, heißt es aus Wolfs Senatsverwaltung für Wirtschaft. Wolf sitzt wie Finanzsenator Thilo Sarrazin und Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (beide SPD) in jenem Ausschuss der Investitionsbank, der die Verkaufsverhandlungen stoppte.

Das gläserne Konzept will einer der Bieter ausbauen, eine Gruppe aus Eventmanagern, Vertriebsleuten und Kulturexperten. Sie sehen ein gegenseitiges Geschäft: Die Tourismuswerber des Landes müssten die KPM stärker in ihr Konzept einbinden und bewerben. Im Gegenzug könnte eine bekannter gewordene KPM neue Touristen ranholen. Ein Unterstützer solcher Ideen: der CDU-Abgeordnete und Ex-Kultursenator Christoph Stölzl. Die Porzellanmanufaktur Meissen macht das vor: Auf der Internetseite gibt es eine japanische Version und eine Verbindung zur Homepage der Stadt.

Das Grundproblem: KPM ist anders als Meissener Porzellan oftmals nur in Berlin ein Begriff. Anderswo denkt schon mal jemand, man meine die Beratungsfirma KPMG und habe bloß das „G“ vergessen.

180 Mitarbeiter hat der Betrieb derzeit. Wie viele davon bleiben können, ist offen. „Möglichst viele“, sagt Wolf-Sprecher Christoph Lang. Im ersten Halbjahr 2004 soll die Sanierung abgeschlossen und die Zukunft des Betriebs entschieden sein. Das Datum scheint zwingend: Lang dementiert nicht, dass bei der KPM das Geld nur noch bis März reicht. STEFAN ALBERTI