Wacklige Zeiten für Tempodrom-Fan

Vom Rechnungshof für den Zuschuss ans Betonzelt am Anhalter Bahnhof gerügt, von der CDU-Fraktion bei der Staatsanwaltschaft angezeigt: Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) ist unter Beschuss. Er selbst weist die Vorwürfe als nicht akzeptabel und haltlos zurück

von STEFAN ALBERTI

Glaubt man, was aus der Finanzverwaltung des Senats durchsickert, dann ist das Tempodrom auf dem Weg nach oben. Schwarze Zahlen und binnen der nächsten Wochen möglicherweise mit einem überzeugenden Investor einig, der den Betrieb am Leben halten will. Dass das Betonzelt am Anhalter Bahnhof derzeit andere Schlagzeilen macht, liegt an Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD), dem Rechnungshof und vor allem der CDU-Fraktion: Die Union hat Strieder angezeigt, weil die Ausgabenprüfer Subventionen für das Tempodrom als rechtswidrig einstufen. Die Angelegenheit sorgt für Überstunden im Hauptausschuss des Parlaments, der heute um 18 Uhr in nichtöffentlicher Sondersitzung tagt.

Der Rechnungshof hatte eine Hilfsaktion über die landeseigene Investitionsbank Berlin (IBB) vom August 2002 gerügt. Bei der waren dem vom Konkurs bedrohten Tempodrom im rund 1,7 Millionen Euro zugeflossen. Der Zuschuss habe den gesetzlich festgelegten Aufgabenbereich der Bank verletzt, heißt es in einer Stellungnahme an den Hauptausschuss. Der wollte Strieder schon am Mittwoch dazu vernehmen. Weil der nicht kommen konnte, beantragten die Fraktionen von CDU und FDP die heutige Sondersitzung.

Strieder hatte sich besonders für den Zuschuss eingesetzt. Das Tempodrom gilt als sein Baby: In Kreuzberg liegt sein Wahlkreis, dort war er früher Bezirksbürgermeister. Am Anhalter Bahnhof buchen sich inzwischen Kultur wie Politik regelmäßig ein: die Grünen feierten dort vor einem Jahr ihren Sieg bei der Bundestagswahl, Schröders SPD feierte dort im Mai 140 Jahre Sozialdemokratie, und am Montagabend saß dort Sängerin Vonda Shepard am Klavier. Dass zu ihren Titel „Rainy Days“ und „Wildest Times“ gehörten – natürlich ein Zufall. Genauso, dass Van Morrison heute Abend „What’s wrong with this picture?“ fragt.

Strieders Senatsverwaltung gibt sich alle Mühe, keine verregnete Stimmung zu verbreiten und mag auch nichts Falsches sehen. „Die Vorwürfe des Rechnungshofes sind nicht akzeptabel“, schreibt die Behörde in ihrer Stellungnahme zu der 1,7-Millionen-Zahlung. „Es war im Interesse Berlins zu entscheiden, ob eine fast fertig gestellte Investitionsruine für das Image der Stadt einen erheblichen Schaden bedeutet hätte.“ Zur Anzeige heißt es von Strieder: „Die Vorwürfe der CDU sind haltlos, da die Zahlungen auf einer ordnungsgemäßen und rechtmäßigen Grundlage beruhen.“ Das solle dann doch mal der Staatsanwalt klären, konterte CDU-Fraktionssprecher Michael Thiedemann.

Strieder widersprach gestern in der Parlamentssitzung auch der Grünen-Abgeordneten Barbara Oesterheld. Die legte nahe, der Senator habe Weisungen zum IBB-Sponsoring von Projekten erteilt. „Es gibt niemanden, der Einzelanweisungen erteilt“, sagte Strieder und verwies auf kollektive Entscheidungen des zuständigen Ausschusses der IBB. Diesem Bankgremium gehört er wie seine Senatskollegen Sarrazin und Wolf an.

In ihrer Anzeige an den Berliner Generalstaatsanwalt Hansjürgen Karge – „persönlich, per Boten“ – stellt hingegen die CDU-Fraktion fest: „Der IBB-Ausschuss hat nach der Beauftragung durch Strieder pflichtwidrig eine rechtswidrige Zahlung an die Stiftung Neues Tempodrom am Parlament vorbei vorgenommen.“ Dem Land sei dadurch ein Vermögensnachteil entstanden. Untreue und Konkursverschleppung hält die CDU für möglich.

Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Oliver Schruoffeneger, verspricht sich wenig von der Anzeige: „Dummheit und politisches Handeln sind ja nicht strafbar.“