Vorsingen im Parlament

Das Abgeordnetenhaus debattiert die Opernreform und die Hauptstadtkultur. Kultursenator Flierl muss sein Konzept verteidigen, weil die Opposition nicht an ein Happy End für die Bühnen glaubt

von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Ganz so heiß wie auf der Opernbühne, wo viel gestorben wird, geht es zum Glück nicht zu, wenn das Berliner Parlament über die Opernstrukturreform im Besonderen und die Hauptstadtkultur im Allgemeinen debattiert. Dennoch nahm die Opposition die Aussprache über das Gesetz zur Opernstiftung gestern zum Anlass, mit Kultursenator Thomas Flierl (PDS) ein wenig abzurechnen. Erst lehnten CDU, Grüne und FDP das für den 1. Januar 2004 vorgesehene Stiftungsmodell für die drei Opernhäuser ab, danach schlug man Flierl den geplanten Hauptstadtkulturvertrag um die Ohren. Und schließlich musste der Senator noch einen Missbilligungsantrag entgegennehmen. Flierl nahm’s gelassen, weiß er doch die Mehrheit der rot-roten Koalition für die Reform, den Kulturvertrag mit dem Bund über Zuwendungen in Höhe von 300 Millionen Euro und – nicht zuletzt – auch für sich selbst hinter sich.

Dass die anvisierte Opernstrukturreform, die die drei Bühnen unter dem Dach einer Stiftung vereint, mit weniger Subventionen und Personal, kleineren Ensembles, einem neuen Management sowie einer Werkstatt auskommen muss, zwar derzeit der einzige Weg, aber keinen Königsweg ist, ist auch Flierl klar. Die Reform, so der Senator, „zielt auf den Erhalt, die Qualifizierung und die Zukunftsfähigkeit der Bühnen in Berlin“. Wenn dabei Einschnitte in Bestehendes notwendig seien, gehöre das zum Wesen der Veränderung in der Kulturlandschaft insgesamt. Punktum.

Genau die so genannten Einschnitte bilden für die CDU und Grüne nach wie vor die Knackpunkte von Flierls Konzept. So garantierten die Reform und das Stiftungsmodell nicht, dass „alle drei Häuser erhalten bleiben“, sollte es zu Finanzierungslücken einer Bühne kommen, kritisierte die CDU-Kulturexpertin Monika Grütters. Zugleich sei in dem Gesetzentwurf nicht geklärt, woher alle Mittel des Abfindungsfonds für das Überhangpersonal kommen werde. Schließlich mangele es der Opernreform insbesondere daran, dass sie nicht auf mehrjährigen und Etat unabhängigen Verträgen basiere. Grütters: „Die Opern bleiben weiterhin abhängig vom Haushalt.“

Alice Ströver, kulturpolitische Sprecherin der Grünen in der Fraktion, sah ebenfalls noch Handlungsbedarf in Finanzierungsfragen und forderte Nachbesserungen im Gesetz. Außerdem nahm sie sich noch mal das Verfahren vor, mit dem es Flierl gelungen war, durch 22 Millionen Euro Zuwendungen vom Bund, die Opernreform zu sichern. Der Bund „klaut“, und Berlin „gibt“, definierte Ströver den Hergang vor einem halben Jahr.

Damals hatte Kulturstaatsministerin Weiss Berlin 22 Millionen Euro für den Kulturetat zugesagt und als Gegenleistung die Akademie der Künste, die Kinemathek und den Hamburger Bahnhof kassiert. Es könne nicht angehen, dass Berliner Kulturinstitutionen aus Geldmangel oder für Reformkonzepte „verramscht“ werden, so Ströver.