Schlecht wie noch nie

Nach Alba Berlins missratenem Heimdebüt gegen Wroclaw ist die Zukunft in der Basketball-Europaliga grau

BERLIN taz ■ Emir Mutapcic brauchte nach dem EuroLeague-Match gegen Slask Wroclaw nicht lange zu überlegen, wann er seine Basketballer schon einmal so schlecht hatte spielen sehen. „Noch nie“, sagte der Coach von Alba Berlin und sah dabei ebenso rat- wie fassungslos aus: „Europaliga, 6.000 Zuschauer, und wir wollen keinen Basketball spielen.“ Die polnischen Gäste sahen das über weite Strecken ähnlich, und so hatte sich eine grauenhafte Partie entwickelt mit Unmengen von Fehlpässen, Fehlwürfen, Schrittfehlern und anderen Varianten des Ballverlusts. 9:15 hieß es nach dem ersten Viertel, was hochgerechnet einen peinlichen Minusrekord in der Europaliga ergeben hätten. Ganz so ging es dann nicht aus, doch für Alba kam die 53:67-Niederlage dennoch einem Debakel gleich. Ein paar strukturierte Minuten im dritten Viertel hatten Wroclaw gereicht, uneinholbar davonzuziehen.

Das dritte Viertel ist traditionell ein prekäres für den deutschen Meister, auch beim Auftakt in Villeurbanne war Alba dieser Zeitraum zum Verhängnis geworden. Mit zwei Niederlagen gegen Kontrahenten, die nicht nur im Vorfeld als überaus schlagbar galten, sondern sich auch so präsentierten, ist die EuroLeague für die Berliner schon fast vorbei, bevor sie richtig begonnen hat. Dabei war nach acht nationalen Titeln in Folge die Saisonperspektive diesmal ähnlich international definiert wie etwa die der sporartartübergreifenden Leidensgefährten von den Münchner Bayern. Endlich mal wieder in die Runde der letzten 16, hieß die Devise, dafür hatte man offensivstarke Akteure wie John Best, Simon Szewczyk und den letzte Saison zum Kader gestoßenen Vladimir Petrovic verpflichtet. Spieler, denen man zutraute, sich in der Europaliga zu behaupten, die aber am Mittwoch ähnlich unkonzentriert und schläfrig auftraten wie ihre Kollegen.

Dabei schienen die Voraussetzungen so schlecht nicht, schließlich ist das Niveau der EuroLeague eher gesunken, seit Alba 1998 nur knapp den Einzug ins Final-Four-Turnier verpasste. Damals bezwang man im Achtelfinale die Mannschaft von Paok Saloniki mit dem Supertalent Peja Stojakovic. Der spielt heute in der NBA, und mit ihm rund 30 andere der besten Europäer. Seit die Amerikaner auf den Talentpool Europa aufmerksam geworden sind, gehen nicht mehr nur gestandene Stars wie Sabonis, Divac, Rebraca, Nesterovic oder Ginobili in die NBA, sondern vermehrt die jungen Nachwuchscracks. Leute wie Nowitzki, Parker, Milicic spielten nie oder kaum in der Europaliga, andere wie Gasol, Kirilenko, Okur oder der Kroate Zoran Planinic, jetzt Backup von Jason Kidd in New Jersey, nur kurze Zeit.

Neben dem spielerischen Aderlass macht sich auch die Finanzkrise des Basketballs in den südlichen Ländern bemerkbar. Die Zeit, als die Teams mit den großen Namen sich All-Star-Mannschaften zusammenkauften, sind weitgehend vorbei, auch die griechischen, italienischen und spanischen Großklubs müssen vermehrt auf eigenen Nachwuchs setzen. Ein Team wie Virtus Bologna ist gänzlich von der Bildfläche verschwunden, und selbst Europas Champion FC Barcelona hat Probleme, weil der Verein das Geld lieber in den Fußball steckt.

Eigentlich eine günstige Situation für Mannschaften wie Alba Berlin, die ihren geringeren Etat traditionell durch soliden Team-Basketball wettmachen. Genau daran haperte es am Mittwoch gegen Wroclaw jedoch gewaltig. „Wir werden eine Lösung finden, um unseren Zuschauern nie wieder so eine Vorstellung bieten zu müssen“, versprach Vizepräsident Marco Baldi. Für die Europaliga könnte das fast schon zu spät kommen. „Wenn wir die nicht schlagen, dann haben wir gegen gar keinen eine Chance“, sah Präsidient Dieter Hauert nach der Niederlage gegen Wroclaw jedenfalls schwarz.

MATTI LIESKE