Zufällig Geburtstag gehabt

Weil Fraktionen in allen sieben Bezirksversammlungen Steuergeld zweckentfremden, fordert der Rechnungshof 110.000 Euro zurück. Besonders verschwenderisch wirtschaftete die CDU in Harburg

VON UTA GENSICHEN

Ein bisher unveröffentlichter Prüfungsentwurf des Hamburger Rechnungshofes bringt derzeit alle Fraktionen der sieben Bezirksversammlungen in Erklärungsnöte. Der Vorwurf lautet: Steuergelder in Höhe von über 110.000 Euro wurden für Geschenke, Werbemittel und Empfänge zweckentfremdet. „Die Fraktionen sollen das Geld für Fraktionsarbeit ausgeben, nicht für Geburtstagspartys“, sagte ein Sprecher des Rechnungshofes am Mittwoch.

In unregelmäßigen Abständen kontrolliert die Behörde, wie die Zuschüsse für die Bezirksfraktionen eingesetzt werden. Bereits 2005 hatte der Rechnungshof kritisiert, dass einzelne Fraktionen sich auf Kosten der Steuerzahler Restaurantbesuche und Feiern gönnten. Seitdem scheint sich nicht viel geändert zu haben. Von der CDU-Fraktion in Altona etwa fordert der Rechnungshof rund 2.500 Euro zurück. Bei der SPD-Fraktion im Bezirk Eimsbüttel soll es sich um eine Summe von mehr als 5.000 Euro handeln, die der öffentlichen Hand zurückgegeben werden müssen.

Besonders hart trifft es hingegen die CDU-Fraktion in Harburg, der nun eine Rückforderung von 47.000 Euro droht. Dem Prüfungsentwurf zufolge soll die Fraktion zum Beispiel 15.000 Euro für einen Geburtstagsempfang zu Ehren ihres Vorsitzenden Ralf-Dieter Fischer ausgegeben haben. Fraktionschef Fischer wehrt sich allerdings gegen die Beschuldigungen des Rechnungshofes. „Für diese Zahlungsaufforderung gibt es keinerlei rechtliche Grundlage“, sagt er. So habe die Behörde die Ausgaben protokolliert, ohne sich mit den Fraktionen auseinander zu setzen. „Die Zahlen sind richtig, aber die Inhalte sind falsch“, sagt Fischer etwa über die Feier im Harburger Rathaus.

Denn diese sei keine Geburtstagsparty, sondern der traditionelle Jahresempfang der Harburger CDU-Fraktion gewesen. Dazu gehöre – auch ganz traditionell – Stehempfang, Finger Food, Musik und ein Vortrag eines Senators. Dass er gleichzeitig Geburtstag gehabt habe sei „reiner Zufall“, so Fischer.

Rund 300 Gäste kämen jedes Jahr auf Einladung der Harburger CDU. „Das kostet uns immer zwischen 15.000 und 17.000 Euro“, sagt Fischer. Solch ein Jahresempfang aber entspräche den Richtlinien des Hamburger Gesetzes über Entschädigungsleistungen für Bezirksfraktionen. Ausgaben für Bewirtungen seien demnach legitim, wenn sie der Repräsentation der Fraktion nach außen dienen.

Das sieht der Rechnungshof allerdings anders. Der Behörde stößt zudem auf, dass die Harburger CDU regelmäßig Anzeigen in Schützenzeitungen schaltet. „In Harburg gibt es ein reges Schützenleben“, sagt Fischer. Deshalb sei es üblich, Werbung in Vereinsblätter zu setzen. Weil jedoch ein gut gemeintes „Glück auf!“ keinen politischen Gehalt habe, müsse die Fraktion allein für die letzten zwei Jahre 10.000 Euro zurückzahlen, so der Rechnungshof.

Zuständig für die Kontrolle des Umgangs mit Steuergeld ist die Verwaltung der Bürgerschaft. Der Bund der Steuerzahler (BDST) fordert deshalb den Bürgerschaftspräsidenten auf, genauer hinzusehen. „Die Verwendung von Fraktionszuschüssen für repräsentative Feiern ist rechtswidrig“, sagt der Vorsitzende Frank Neubauer. Nicht für Präsente und Empfänge seien die Fraktionsmittel da, sondern für die Einrichtung von Büros oder eine funktionierende Öffentlichkeitsarbeit. Schließlich seien die Bezirksversammlungen nach der Hamburgischen Verfassung keine Parlamente, sondern Teil der Verwaltung, sagt Neubauer. Repräsentative Feiern hätten da nichts verloren.