Kurz und klein musizieren

Das Klassik-Festival „Ostertöne“ steht dieses Wochenende ganz im Zeichen des Kurzen und Kleinen und lenkt die Aufmerksamkeit auf die „Miniatur als ästhetische Herausforderung“. Der konzentrierten Momentaufnahme wird in Musik, Film und Literatur nachgespürt

Nach der großen österlich-spirituellen Mehrfachgeburtstagsfeier im letzten Jahr steht bei der vierten Ausgabe der Ostertöne am Wochenende die Konzentration auf den Moment, auf Kurzes und Kleines im Vordergrund. Besondere Aufmerksamkeit kommt dieses Jahr der „Miniatur als ästhetischer Herausforderung“ zu, der „kleinen Form“ – sei es dem Kunstlied, der Kammermusik von Anton Webern, Kurzgeschichten oder auch Kurzfilmen. Die Leitlinie des Klassik-Festivals, Johannes Brahms’ in konsequenter Gegenüberstellung mit der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts zu präsentieren, drückt sich so in einer genreübergreifenden Spurensuche quer durch die Musik, den Film und die Literatur aus, die der konzentrierten Momentaufnahme nachspüren und so ein vielfältiges Spektrum von der Romantik über den Anbruch der Moderne bis in die Gegenwart eröffnen will.

Traditionell wird das Festival morgen von den Philharmonikern und Simone Young mit Brahms’ „Deutsches Requiem“ eröffnet. Dabei gibt es diesmal neben dem Bariton Wolfgang Koch den Komponisten, Musiker und Improvisator Wolfgang Mitterer zu hören, der an der Orgel in Kombination mit live generierten elektronischen Klängen einen Prolog zum Deutschen Requiem spielen wird. Ein Auftakt als Nachhall: Brahms’ Komposition scheinen wie von Ferne auf und hallen in Mitterers Musik wider.

„Artist in residence“ ist in diesem Jahr der Pianist Lars Vogt, der sich vor allem durch sein Engagement für die Kammermusik und seine Brahms-Einspielungen einen Namen gemacht hat. Vogt ist am Samstagabend mit dem „ensemble recherche“ zu hören, das seit zehn Jahren unterschiedlichen Komponisten den Auftrag erteilt hat, aus der Bearbeitung älterer Musik neue Kompositionen zu entwickeln. Zur Aufführung kommt eine Reihe von jeweils zwischen 30 Sekunden und 9 Minuten dauernden Miniaturen. Am Montag spielt Vogt mit seinen „Friends“ Antje Weithaas, Rachel Roberts, und Christian Poltéra zwei Miniaturen von Anton Webern und die einsatzige, keine zehn Minuten dauernde Klaviersonate von Alban Berg. Dazu gibt es die Sonate für Viola und Klavier Es-Dur und das Klavierquartett Nr. 3 c-Moll von Brahms.

Kurzes gibt es auch aus Film und Literatur. Ins Brahms-Café locken neben Kaffee und Kuchen Kurzgeschichten, das Klangforum Wien präsentiert sein 90- minütiges Filmkonzert „free radicals“, das in einer dichten Abfolge kurzer Musikstücke und kurzer Filme neue Rhythmen, Spannungsbögen, Kontraste und Entsprechungen zwischen Klang und Bild möglich machen soll. Im Pavillon Elbphilharmonie in der Hafencity ist die Klanginstallation mit Film “…miramondo multiplo…“ der österreichischen Künstlerin Olga Neuwirth zu sehen, im Abaton-Kino sind einige ihrer filmischen Arbeiten zu sehen. Schließlich nimmt die Suche nach Miniaturen auf einem Oster-Festival natürlich auch ganz praktische Züge an. Am Ostersonntag begeben sich die Kurzen zwischen fünf und acht Jahren quer durch die Laeiszhalle – vom Keller und Instrumentenlager über die Garderoben und Säle bis zum Dachboden – auf die Suche nach kleinen Eiern. Und wenn hoffentliche alle gefunden sind, gibt es auch für die Kleinen ein kurzes Konzert mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen und dem Wiener Maskentheater. ROBERT MATTHIES

Fr, 10. 4. – Mo, 13. 4., Infos und Programm: www.ostertoene.de