Joghurt, Tee und Tore

Abdelaziz Ahanfouf schießt den MSV Duisburg Richtung Aufstieg. Die Fastenzeit geht endlich zu Ende

DUISBURG taz ■ Abdelaziz Ahanfouf ist ein gläubiger Mensch. Als Moslem sieht es der Stürmer des MSV Duisburg als seine Pflicht an, fünf Mal täglich zu beten und die strengen Regeln des Ramadan einzuhalten. „Der Glaube bedeutet mir viel, er kann Berge versetzen“, sagt der in Rüsselsheim geborene Fußballer marokkanischer Abstammung. Was die Sache mit den versetzten Bergen angeht, durfte sich Ahanfouf am Mittwoch wieder bestätigt fühlen. Drei Tore steuerte der 26-Jährige zum 4:3 (3:3)-Erfolg der Duisburger über Eintracht Trier bei und half entscheidend mit, den MSV auf den zweiten Tabellenplatz zu katapultieren.

Hinterher fühlte sich Ahanfouf allerdings ziemlich kaputt und hungrig. „Ich brauche erst mal einen heißen Tee“, stöhnte der Stürmer, der glücklich war, dass die Sonne bereits untergegangen war. Im Fastenmonat Ramadan untersagt ihm der Glaube die Nahrungsaufnahme bei Tageslicht. „Ich hatte vor Sonnenaufgang nur einen Joghurt, beziehe meine Kraft aber von ganz oben und bekomme viele Geschenke“, sagte Ahanfouf, der in dieser Spielzeit bereits acht Treffer erzielen konnte.

Geschenke hatten die Duisburger gegen Trier allerdings ebenfalls verteilt. Zweimal Antun Labak und Nico Patschinski nutzten Unzulänglichkeiten in der anfälligen MSV-Defensive zur zweimaligen Führung und hätten die aufkeimende Euphorie beinahe zerstört, wenn nicht Ahanfouf (4., 27., 66.) und Pavel Drsek (43.) ebenfalls erfolgreich gewesen wären. „In der ersten Hälfte hatten wir deutliche Probleme“, sagte MSV-Trainer Norbert Meier, der nach der Pause die Zuordnung änderte.

Das Torfestival des ersten Durchschnitts wurde somit zwar abrupt beendet, doch nun wurde der MSV seinen Ansprüchen gerecht. Duisburg bestimmte den Rhythmus und konnte seinen ausgelassenen Fans im fünften Heimspiel den fünften Sieg bescheren. „Manchmal ist ein 4:3 schöner als ein 1:0“, sagte Meier, der das ihn nicht mehr kritisierende Publikum als Hauptgewinner der Partie einstufte.

Sein Boss Walter Hellmich hatte im Vorfeld schließlich noch allen Menschen, die in diesen Tagen zum Bundesliga-Abstiegskampf nach Bochum oder Mönchengladbach fahren und dafür die tollen Spiele des MSV sausen lassen „einen Lattenschuss“ bescheinigt. „Bei uns geht es richtig spannend zu, und Siege fahren wir mit Herzschlagsspielen ein“, strahlte der MSV-Vorsitzende, dessen Ruf über 12.000 Zuschauer gefolgt waren. Für Duisburger Verhältnisse eine Menge.

„Die kommen alle wieder, weil sie ein geiles Spiel gesehen haben“, glaubt Keeper Georg Koch, der sich zwar über die Gegentore ärgerte, gleichwohl aber die guten Perspektiven in den Vordergrund stellte. „Wenn wir am Sonntag in Erfurt gewinnen können, haben wir uns bis zur Winterpause in der Aufstiegszone festgesetzt“, sagte Koch. Gegen Trier habe man eine „kleine Marke“ setzen können.

An Ahanfouf soll es nicht scheitern. Sein Trainer hat ihm nun signalisiert, dass er aus Solidarität ebenfalls fasten wolle. „Wenn es hilft, esse und trinke ich auch nichts mehr“, sagte Meier eher im Spaß. Für Ahanfouf steckt mehr dahinter. „Ich will später ins Paradies kommen“, sagt der Marokkaner, der als Umweg die Bundesliga eingeplant hat. Für einen Fußballer wie ihn sei dies das Paradies auf Erden – und dafür lohne es sich, einen Monat nach Sonnenuntergang nur Joghurt, Tee und Tore zu konsumieren. ROLAND LEROI