Ehrenamt ist bald einen Euro wert

Der Kölner DGB will in Zukunft scharf kontrollieren, dass 1-Euro-Jobber nicht als Billigarbeiter anderen die Jobs wegnehmen. Als sinnvolle „Zusatzjobs“ können sich Gewerkschaft und Arbeitsagentur auch ehrenamtliche Vereinstätigkeiten vorstellen

Von Susanne Gannott

Trotz starker Bedenken gegen Hartz IV will der DGB Köln die Umsetzung der Arbeitsmarkt-„Reformen“ in der Region jetzt aktiv mitgestalten. Das erklärte der Chef des Gewerkschaftsbundes Wolfgang Uellenberg-van Dawen als Reaktion auf das Positionspapier der Kölner Wohlfahrtsverbände zu 1-Euro-Jobs. „Es bleibt uns nichts anderes übrig, sonst passiert da noch zu viel Unsinn“, sagte er der taz.

Uellenberg befürchtet vor allem, dass durch die so genannten Zusatzjobs reguläre Arbeitsplätze abgebaut werden und dass Lohndumping den Konkurrenzdruck unter Kölner Firmen verstärkt. Er will daher streng darüber wachen, dass Wohlfahrtsverbände und Arbeitsagentur (AA) ihre Selbstverpflichtung einhalten und 1-Euro-Jobber niemandem Arbeit wegnehmen, sondern nur als Zusatzkräfte in gemeinnützigen Bereichen eingesetzt werden. Die Gewerkschaft werde im geplanten Beirat, der über die 1-Euro-Jobs wachen soll, darauf drängen, „dass wir die Betriebe entsprechend kontrollieren können“. Uellenberg geht davon aus, dass ihn die Kölner Arbeitgeber dabei unterstützen: Schließlich hätten sie – wie die Gewerkschaften – kein Interesse an Wettbewerbsverzerrungen durch Billigkonkurrenz.

Auch beim Thema Freiwilligkeit, einem anderen Knackpunkt im Konzept der 1-Euro-Jobs, will der DGB „massiven Druck machen“. Nur „Leute, die wollen und dies als Chance begreifen“, sollten solche Jobs angeboten bekommen. Es gebe ja nach Aussage der Wohlfahrtsverbände offensichtlich genügend Arbeitslose, die von sich aus Interesse an diesen „Arbeitsgelegenheiten“ anmeldeten, so Uellenberg. Das „Hauptproblem“ sieht er derzeit vor allem in der schieren Menge an „Arbeitsgelegenheiten“, die jetzt geschaffen werden müssen. Schließlich hat die AA schon angekündigt, im kommenden Jahr 11.000 „Zusatzjobs“ anzubieten, was Uellenberg als „absolut zu hoch gegriffen“ einschätzt.

Auch die Wohlfahrtsverbände zeigten sich bei der Präsentation ihres Positionspapiers skeptisch, wo diese vielen „Arbeitsgelegenheiten“ in Köln herkommen sollen – wenn die versprochenen Standards wie Zusätzlichkeit, Gemeinnützigkeit und „Sinnhaftigkeit“ wirklich eingehalten werden sollen. Sie selbst könnten im Laufe des Jahres nicht mehr als 5.000 bis 6.000 solcher Jobs schaffen. Das wären doppelt so viele „Integrationsangebote“, wie sie bisher als ABM, „Hilfe zur Arbeit“ oder über ähnliche Programme anbieten.

Gegenüber der taz schlug Uellenberg daher vor, dass die ehrenamtliche Arbeit von Langzeitarbeitslosen – in Sportvereinen, Kirchen, im kulturellen oder sozialen Bereich – ebenfalls als „Integrationsmaßnahme“ von der AA anerkannt werden. Mit Blick auf das Engagement von Pfarrer Meurer für Jugendliche in Höhenberg-Vingst fragt er: „Warum soll zum Beispiel er keine Leute bekommen können?“ Das wichtigere Kriterium für einen 1-Euro-Job sollte die Sinnhaftigkeit der Tätigkeit sein und weniger die zwanghafte Integration in den ersten Arbeitsmarkt. „Das ist für Köln mit 60.000 Arbeitslosen ohnehin unrealistisch“, sagte der DGB-Chef.

Bei der AA findet man an Uellenbergs Vorschlag grundsätzlich Gefallen. Pressesprecher Wolfgang van Ooyen hält es für „durchaus möglich, dass ehrenamtliche Tätigkeiten anerkannt werden“. Im Gegensatz zu Uellenberg besteht er aber darauf, dass solche Arbeiten zur fachlichen Qualifizierung und Integration in den ersten Arbeitsmarkt dienen. „Aber ich gehe davon aus, das dies in den meisten Fällen auch der Fall ist.“

Ohnehin kommen als Anbieter von „Zusatzjobs“ nicht nur die Wohlfahrtsverbände in Frag, sagte van Ooyen. Die AA erhalte zur Zeit täglich Anfragen von Elternvereinen, Brennpunkteinrichtungen und anderen sozialen Initiativen. Als gemeinnützige Dienstleister könnten diese für bestimmte Bereiche – etwa Hausmeistertätigkeiten, Essenszubereitung oder Hausaufgabenhilfe – demnächst 1-Euro-Jobber bekommen. „Wir wollen eine möglichst breite Palette von Angeboten, damit für jeden Arbeitslosen etwas dabei ist.“