Jukebox

Macht alles keinen Sinn ohne diesen Swing

Manchmal muss man halt doch über den Jazz nachdenken, der es ja auch schwer hat. Manchmal willl man sogar nachschauen, ob es ihn überhaupt noch gibt. Ihr wollt den alten Witz wirklich hören? Bitte: Jazz is not dead, sagte also Frank Zappa, it just smells funny. Aber das ist eben auch schon Jahrhunderte her.

Für John Zorn ist Jazz sowieso nur ein Wort mit zwei „z“ am Ende. Was ein wenig desillusioniert klingt, auf jeden Fall nichts sagend, und tatsächlich war es lange Zeit in den Plattenläden so, dass alles, was man anderweitig nicht einzusortieren wusste, was also nicht eindeutig Pop oder Klassik war und vielleicht nur einen Hauch „schräg“, beim Jazz ins Fach gestellt wurde (jetzt steht das bei der Weltmusik), während andererseits sich auch der Jazz alles unter den Nagel riss und in sich einverleibte, was er kriegen konnte, bis er gar nicht mehr recht wusste, wer er war. Das brachte schöne und manchmal sogar spannende musikalische Kontroversen in die Welt, und natürlich als Gegenbewegung neue Reinheitsgebote. Gerade in den USA glauben im Moment viele, dass es reichen würde, die Musiker wieder in den Anzug zu stecken und einfach noch einmal dort anzuknüpfen, bevor die Verwirrung begann. Beim Cool-Jazz, vor dem Jazzrocksündenfall von Miles Davis. Was tatsächlich der beste Jazz-Jazz ist. In seiner Zeit. Als Aussage für heute macht er sich irgendwie schal.

Unverdrossen werden aber in den vielen Jamsessions mit dem immergleichen Improvisationsgebot alle guten Hoffnungen des Jazz zu Grabe getragen, hübsch fingerschnippend, so wie man sich bei schlechtem Jazz immer irgendwie betrogen fühlt, mehr sogar als bei schlechtem Pop, der einfach nur langweilig ist. Weil da doch eine Art Transzendenz zu hören sein sollte, die man wiederum beim bloßen Unterhaltungsjazz gar nicht will (müsste mal untersucht werden, wieso selbst so Schreckens-Namen wie Herbolzheimer in der Loungeclubszene plötzlich einen guten Klang haben). Aber, wie bereits Erich Kästner wusste, es gibt keinen Jazz, außer man hört ihn. Genug Möglichkeit dazu hat man beim Jazzfest Berlin, dessen 40. Ausgabe am Donnerstag in der Philharmonie startet. Auch Willem Breuker (der an dem Tag seinen 60. Geburtstag feiert) ist mit seinem Kollektief an dem Abend zu hören, deren Musik einfach ein toller Rummelplatz ist. Immer unterhaltsam und spannend. Muss man gar nicht Jazz zu sagen. Und ist es genau deswegen. THOMAS MAUCH