Erschrecken und Entspannung

Hoher Beamter der Justizbehörde geht vor dem PUA Filz auf Distanz zu Senator Kusch. Dessen Erscheinen vor dem Ausschuss versucht Schwarz-Schill zu vermeiden

Wenn es nach der Opposition ginge, dann sollte so schnell wie möglich der Chef vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) „Schwarzer Filz“ Platz nehmen und aussagen. Doch gestern mussten sich SPD und GAL erst einmal mit Untergebenen von CDU-Justizsenator Roger Kusch begnügen. Ob und wann der Senator zum Fall der geschassten ehemaligen Leiterin der Justizvollzugsanstalt Vierlande, Claudia Dreyer, vor dem PUA Rede und Antwort steht, wollte dieser gestern am späten Abend nach Redaktionsschluss diskutieren.

So war es vor allem der stellvertretende Leiter des Strafvollzugsamtes, Hans-Jürgen Kamp, den der PUA ausführlich befragte. Kamp war kurz nach Amtsantritt Kuschs mit der Führung eines Disziplinarverfahrens gegen Dreyer beauftragt worden. Die damalige Knastleiterin hatte sich in einer Zeitung distanziert zu Kuschs Plänen geäußert, den Spritzentausch in Gefängnissen abzuschaffen (taz berichtete).

Deshalb hatte Kusch wutentbrannt die Abberufung Dreyers verlangt. Dies war später in ein Disziplinarverfahren abgemildert worden. Das Verfahren wurde später nach einem Gespräch Kuschs mit Dreyer kurzerhand eingestellt. Ein halbes Jahr später wurde Dreyer dennoch abberufen und zur stellvertretenden Leiterin der U-Haftanstalt am Holstenglacis degradiert.

Kamp attestierte Dreyer, eine äußerst gute Vollzugsleiterin gewesen zu sein. Dass das Disziplinarverfahren gegen sie stillschweigend beerdigt wurde, habe er denn auch „mit Entspannung und Erleichterung“ aufgenommen. In der Amtsleitung habe zuvor „Erschrecken“ über Kuschs ursprüngliche Forderung geherrscht, Dreyer von der Leitung der JVA Vierlande zu entbinden. Selbst das Disziplinarverfahren schien Kamp ein wenig zu hoch gegriffen: „Ich will offen lassen, ob ich zu so einem Mittel gegriffen hätte, wenn ich es zu entscheiden gehabt hätte.“

Im Vorfeld der Ausschuss-Sitzung hatte der SPD-Obmann Günter Frank Kusch aufgefordert, spätestens im Dezember zum Fall Dreyer auszusagen. Dieser Wunsch stößt auf massiven Widerstand der Schwarz-Schill-Abgeordneten, die den Senator lediglich einmal als Zeugen in den Ausschuss laden wollen, wo er dann zu sämtlichen Themenkomplexen aussagen soll. „Kusch kann nicht kneifen“, hält Frank dagegen. PETER AHRENS