Randalieren gegen den Abstieg

Das Projekt „Schrumpfende Städte“ der Bundeskulturstiftung ist zum Gegenentwurf der Abrisspolitik geworden, die die Bundesregierung mit dem Stadtumbau-Ost verfolgt

Am Anfang war der Leerstand. In Schwedt, Hoyerswerda, aber auch in Leipzig. Dass aus diesem Leerstand einmal „schrumpfende Städte“ werden könnten, schien bis Ende der Neunzigerjahre kaum vorstellbar. Vielmehr glaubte man, leere Plattenbauten und Altbauwohnungen seien Ergebnis des Baubooms auf der grünen Wiese, der in Ostdeutschland besonders heftig war.

Doch dann kam zum Leerstand die Abwanderung, die Alterung, die zunehmende Arbeitslosigkeit. Ostdeutschland stand auf der Kippe, und der Bund musste reagieren. Im Jahr 2000 wurde das Bundesprogramm „Stadtumbau-Ost“ aufgelegt. Bis 2009 wird damit der Abriss von 300.000 der eine Million leerstehenden Wohnungen staatlich gefördert.

Doch Schrumpfung ist nicht nur Abriss und Marktbereinigung, sie betrifft auch das Lebensgefühl, dringt in Alltag, Wahrnehmung, Kultur der Menschen, die in diesen Städten bleiben. All das zu untersuchen, hat sich die Bundeskulturstiftung zur Aufgabe gemacht. Vor zwei Jahren wurde deshalb das Initiativprojekt „Schrumpfende Städte“ begonnen.

Unter der Leitung von Philipp Oswalt, der an der Brandenburgischen Technischen Universität in Cottbus Architektur lehrt, haben sich seitdem vier Forscherteams nach Halle-Leipzig, Manchester, Detroit und Iwanowo auf den Weg gemacht. Ihr Ziel ist eine vergleichende Untersuchung zu Ursachen und Auswirkungen und zu den Chancen des Schrumpfungsprozesses. In einer zweiten Phase sollen konkrete Projekte zur Intervention entwickelt werden. Seinen Abschluss findet das Projekt 2004 mit einer großen Ausstellung.

Schon heute gibt es erste überraschende Ergebnisse der Projektteams. So ist zum Beispiel die Musikszene in Manchester oder Detroit nicht ohne den wirtschaftlichen Niedergang der Städte zu denken. Gleichzeitig wird in Manchester diese Szene zu einer neuen Inszenierung der Stadt genutzt.

Neue Blicke wollen die Schrumpfungsexperten aber auch auf andere Bereiche städtischer Realität lenken. In diesem Zusammenhang findet am kommenden Montag in der Volksbühne einer Veranstaltung zum Thema „Panik Stadt – Urban Survival“. Darin wird es um einen anderen Blick auf Vandalismus, Plünderung und Kleinkriminalität gehen. Gibt es eine Produktivkraft des Vandalismus? Welche positiven Qualitäten haben derartige Praktiken? UWE RADA

Informationen unter www.schrumpfendestaedte.de