Hochgelobte Toleranz

Friede Springer und Otto Schily erhalten Toleranzpreis des Jüdischen Museums. Menschenrechtler sind etwas irritiert

Der „Preis für Verständigung und Toleranz des Jüdischen Museums Berlin“ wird heute an Verlegerin Friede Springer und Bundesinnenminister Otto Schily verliehen. Springer erhalte ihn für ihre Förderung des Dialogs zwischen Juden und Nichtjuden; Schily bekomme ihn für seine Unterstützung der Jüdischen Gemeinde und des Museums, so eine Sprecherin des Museums. Vor allem aber, weil er sich für die Rechte und den Schutz von Minderheiten einsetze und dafür gesorgt habe, dass sich Deutschland allmählich als Einwanderungsland verstehe.

Auf die Frage, ob die Wahl der Geehrten nicht irritiere, sagte die Sprecherin weiter: „Das können wir nicht ausschließen. Uns ist wichtig zu zeigen, dass diese beiden Personen eine Vorbildfunktion in der Gesellschaft einnehmen. Nicht die Springerpresse kriegt den Preis, sondern Friede Springer.“

Flüchtlings- und Migrantenorganisationen allerdings stimmen nicht in die Lobeshymnen ein. Jens-Uwe Thomas vom Berliner Flüchtlingsrat kritisiert Schilys Politik im Bereich der humanitären Einwanderung. Abschiebepraxis, restriktive Arbeits- und Aufenthaltsbedingungen für Flüchtlinge, die Nichtanerkennung von Fluchtgründen – alles wie gehabt. Das jetzt geplante Einwanderungsgesetz sei gar restriktiver als die geltenden Regelungen. Der Flüchtlingsrat will das Gesetz so nicht.

Bernd Mesovic, rechtspolitischer Referent bei Pro Asyl, kann in Schily auch keinen Hauptprotagonisten für Toleranz erkennen. Zwar müsse ihm zugestanden werden, dass er sich klar gegen rechtsradikale Gewalt und Antisemitismus wende, aber der neue Entwurf für das Einwanderungsgesetz sei weiter stark ordnungs- und polizeirechtlich orientiert. „Es gilt das Bild vom Ausländer als Störer. Da einen Paradigmenwechsel hinzukriegen, das ist Schily nicht gelungen.“

WALTRAUD SCHWAB