Später ins Heim

Die Wohnungsunternehmen stellen sich auf Vergreisung ein. Stark nachgefragt sind Wohnungen mit besonderer Ausstattung und Service, die Selbständigkeit bis ins hohe Alter ermöglichen

Altentreffs sind gerade dort hilfreich, wo sich Jugendliche stärker breit machen

von Christina Flöper
und Gernot Knödler

Der Bauverein der Elbgemeinden (BVE) hat eine Marktlücke erspäht: betreutes Wohnen für Alte aus der Mittelschicht. Es ist das erste Mal, dass sich die Blankeneser Wohnungsbaugenossenschaft mit einem solchen Projekt befasst. „Die Nachfrage ist ausgesprochen gut“, sagt Vorstand Bruno Helms. Obwohl die ersten von insgesamt 125 Wohnungen erst Ende des Jahres bezogen werden sollen, seien 85 bis 90 Prozent bereits vermietet.

Wie der BVE stellen sich immer mehr Wohnungsbauunternehmen auf das absehbare Altern der Bevölkerung ein. Dabei sind für die Unternehmen insbesondere die Alten interessant, die etwas gebrechlich sind, aber ohne weiteres für sich selbst sorgen können, solange ihnen etwas unter die Arme gegriffen wird und die Wohnungen entsprechend ausgestattet sind.

Die vielen mobilen Pflegedienste, die nach Einführung der Pflegeversicherung entstanden sind, machen es möglich, den Einzug ins Altenheim hinauszuzögern. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes gab es 2001 in Hamburg 340 ambulante Pflegeeinrichtungen, die eine individuelle Unterstützung in den eigenen vier Wänden anbieten. Zugleich gab es 174 öffentliche und private Pflegeheime mit einem wachsenden Anteil betreuter Seniorenwohnanlagen.

Auch für SAGA und GWG ist das Wohnen im Alter ein „Thema für die Zukunft“, wie Pressesprecherin Kerstin Matzen sagt. Derzeit haben sie zusammen rund 1.900 Wohnungen, die speziell auf den Bedarf älterer Menschen zugeschnitten sind, im Angebot. Das SAGA-Wohnkonzept für Senioren umfasst eine Wohnungsvermittlung, wenn die alte Wohnung zu groß geworden ist, einen Umzugsservice sowie einen Betreuungsservice in Zusammenarbeit mit verschiedenen Wohlfahrtsverbänden.

Zu den gängigen Angeboten gehören Wäsche- und Reinigungsdienste und der altengerechte Umbau der Wohnungen: vom höheren Toilettensitz bis zur rollstuhlgerechten Dusche. In 16 Seniorenwohnanlagen der SAGA werden von eigens dafür eingestellten MitarbeiterInnen Freizeitprogramme angeboten.

Der BVE habe gute Erfahrungen mit Altentreffs gemacht, sagt Helms. Hier ergäben sich feste Bekanntschaften, die es den alten Leuten erleichtern, in einer bisweilen verstörenden und beängstigenden Umgebung zurechtzukommen. „Das ist sehr hilfreich, gerade in Wohnanlagen, wo sich die Jugendlichen stärker breit machen“, sagt der BVE-Vorstand.

Reine Altenwohnanlagen sind aber nicht jedermanns Sache. „Eher langweilig“, findet Alget Pressel, Bewohnerin des generationsübergreifenden Wohnprojektes 13 in Eimsbüttel, das Wohnen mit mehr oder weniger Gleichaltrigen. „Alles dreht sich immer um die gleichen Themen“, bedauert die 65-Jährige. Es sei doch viel spannender, wenn Alt und Jung unter einem Dach wohnten. „Man profitiert voneinander“, findet Alget.

Mehr als ein Viertel der gemeinschaftlichen Wohnprojekte in der Stadt seien generationenübergreifend, sagt Josef Bura vom alternativen Bauträger Stattbau – Tendenz steigend. In den Augen Buras ist das Wohnen von Menschen unterschiedlichen Alters Tür an Tür ein Modell für die Zukunft. Es ermögliche verbindliche Nachbarschaftsstrukturen, soziale Kontakte und gegenseitige Unterstützung. Die Jungen helfen den Alten beim Einkaufen, die Alten hüten die Kinder der Jungen. Ob das im Einzelfall funktioniert, ist Glückssache.

„Die Chance liegt darin, Wohnraumbestände umzufunktionieren“, sagt Bura. Hier seien Genossenschaften und auch die großen städtischen Wohnungsbaugesellschaften herausgefordert, sich in der Zukunft neuen Formen des Wohnens zu öffnen, mit sinnvollen, sozialen Belegungskonzepten und Mieten, die finanzierbar bleiben.