Die Mädchen früh erreichen

Bei einer Diskussionsveranstaltung der Diakonie Hamburg diskutierten Experten über mögliche Hilfe für suchtkranke Mädchen auf dem Strich in St. Georg

„Es gibt nicht den Weg in die Drogensucht und Prostitution“, meint Anke Monert, Leiterin der Beratungsstelle „Sperrgebiet“ in St. Georg. Dieser Meinung schlossen sich alle ExpertInnen an, die am Donnerstagabend auf Einladung der Diakonie Hamburg mit Unterstützerinnen des „Sperrgebiets“ über Perspektiven des Stadtteils diskutierten.

Unter dem Titel „MenschMädchen!“ berichteten eine Ärztin, ein Polizist, eine Sozialarbeiterin sowie Soziologen und Pastorinnen über ihre Erfahrungen aus der Arbeit mit suchtkranken jungen Frauen und Mädchen. Das Fazit: Genauso wenig wie es den einen Weg in die Drogensucht gibt, kann ein Ausweg beschrieben werden.

„Die Mädchen müssen früh erreicht werden“, so Monert über eine Möglichkeit der Hilfe. Oft höre sie den Satz: „Keiner hat mir je geholfen.“ Daher müsse schon bei kleinen Kindern auf die familiäre Situation geachtet werden. „Viele süchtige Mädchen haben zu Hause Gewalt erlebt“, berichtet Monert. Bischöfin Maria Jepsen forderte eine ehrliche und enttabuisierte Auseinandersetzung mit Sucht und Prostitution. „Dazu muss es Hilfsangebote von der Krippe bis ins Erwachsenenalter geben.“

Ähnlich sah dies auch der Soziologe Wolfgang Hammer von der Sozialbehörde. Er hält eine Vernetzung verschiedenster Einrichtungen wie Hilfestellen, Polizei und Behörde, für wichtig. Auch dürfe es keine Zwangseinweisung in Heime außerhalb Hamburgs geben (taz berichtete). Dies sei „fachlicher Unfug“ und „nicht vertretbar“. Das Konzept biete aber die Möglichkeit, die Mädchen zwei bis drei Jahre früher in diesem Kreislauf zu erreichen und ihnen einen neuen Lebensort zu bieten.

Dagegen befindet sich das „Sperrgebiet“ örtlich gesehen mitten im Teufelskreis zwischen dem nächsten Schuss und Prostitution. Seit 1985 dient es als Treffpunkt, Beratungsstelle und Schutzraum für sich prostituierende Mädchen und junge Frauen in St. Georg. „Wir stellen Kontakt zu den Mädchen her“, beschreibt die Sozialarbeiterin Britt Lemke die Arbeit der Mitarbeiterinnen. „Dabei müssen wir auch immer wieder aushalten, dass sie lange Zeit nicht wiederkommen.“

Jeder Diskussionsteilnehmer darf einen Wunsch für die Zukunft, für St. Georg äußern. Lemke spricht wohl für die meisten Anwesenden: „Wir wünschen uns eine Wohnung, in der wir konsumierende Mädchen betreuen dürfen.“ Der am Schluss der Veranstaltung vom Lions Club Hamburg-Walddörfer überreichte Scheck über 2.500 Euro ist zumindest ein Schritt auf dem Weg dahin, den Wunsch zu verwirklichen. Jennifer Neufend