Schöne öde, einfache Fußballwelt

Borussia Dortmund feiert nach dem glanzlosen 1:0-Erfolg über Bayer Leverkusen den Aufbruch in ruhigere Zeiten. Der Gegner zeigt sich nach der erneut selbst verschuldeten Auswärtsniederlage nur bedingt Champions-League tauglich

DORTMUND taz ■ Die Welt kann manchmal so schön einfach sein. Ein schlichtes 1:0 des BVB gegen Bayer 04 Leverkusen reichte, um die Dortmunder Fans wieder so richtig glücklich zu machen. In der Woche zuvor hatte ein riesiges Menschen-Rudel in schwarz-gelb noch den dringenden Wunsch geäußert, die BVB-Profis kollektiv zu verprügeln. Diesmal hatten die Fans ihre Fußballer wieder lieb, sehr sogar. Nach Spielende wollten sie gar nicht mehr aufhören zu feiern. Und alle, Trainer, Spieler und Funktionäre, redeten fast beschwörend vom neuen Dortmunder Wir-Gefühl. „Die Mannschaft hat Moral bewiesen und toll gekämpft“, fand BVB-Trainer Bert van Marwijk. „Uns allen sind viele Steine vom Herzen gefallen“, berichtete der designierte BVB-Präsident Reinhard Rauball. Nationalspieler Christian Wörns erinnerte an die Fan-Meuterei aus der Vorwoche. Danach sei eine Läuterung eingetreten: „Wir haben uns zusammengesetzt und gesagt: So kann es nicht weiter gehen. Heute haben die Fans gespürt, dass wir wollen.“

Was Wörns nicht sagte: Trotz allen Kampfes und verbesserter Moral sowie Form: Die einfallslosen Leverkusener, die auswärts in dieser Spielzeit erst zwei Punkte gesammelt haben, gaben vor 78.000 Zuschauern im Westfalenstadion freundlicherweise den idealen Aufbaugegner für die verunsicherten Dortmunder Profis. Trotz veränderter Aufstellung (Roque Junior und Spielmacher Robson Ponte wurden geschont), zelebrierte Leverkusen sein einfallsloses, tendenziell unkoordiniertes Auswärtsspielverhalten. Bezeichnend dafür war Dedes Siegtreffer in der 42. Minute: Nach einem Abseitstor von Dimitar Berbatow verlegten sich die Leverkusener darauf, mit der Welt und Schiedsrichter Herbert Fandel zu hadern – und da tauchte plötzlich Ewerthon zwischen Diego Placente und Jens Nowotny auf. Die Bayer-Abwehrspieler konnten sich nicht einigen, wer nun für den Brasilianer zuständig sei. Und so zog der davon und tunnelte Hans- Jörg Butt. „Das war ‚Nimm du ihn, ich hab ihn‘. Der eine verlässt sich auf den anderen und plötzlich ist er weg“, berichtete Nowotny, der ansonsten vor allem durch seine fortschreitende Langsamkeit auffiel.

Später kam es ganz arg. In der Nachspielzeit schickte Fandel den 31-Jährigen wegen einer Notbremse gegen Dede vom Platz. Eine Rote Karte, die nicht unbedingt notwendig war, da der Brasilianer den deutschen Nationalspieler zuerst gerempelt hatte. Überhaupt meinte es Fandel nicht gut mit Leverkusen. In der 56. Minute gab er nach einem Handspiel von Dede keinen Elfmeter. Bayer-Trainer Klaus Augenthaler bemängelte dies zwar, in erster Linie kritisierte er aber seine Profis: „Ich habe überraschende Momente vermisst. Die Niederlage war unnötig, aber auch verdient.“ Da ja nun bekannt ist, wie viel besser Leverkusen an guten Tagen spielen kann (beim 3:0 gegen Real Madrid in der Champions-Legaue), wird verständlich, warum die Furchen in Augenthalers Gesicht immer tiefer werden.

Und wie soll es nun weitergehen, Bayer 04? „Ich habe kein Patenrezept“, sagte Augenthaler. „Wir dürfen uns nicht zerfleischen und müssen endlich mal wieder auswärts siegen.“ Eine gute Gelegenheit dazu hat Leverkusen am Dienstagabend im Champions-League-Spiel beim AS Rom. Wie beglückend Siege wirken können, haben die Dortmunder am Wochenende einprägsam vorgeführt.

CHRISTIANE MITATSELIS