Weltmusik steht dem Revier gut

Die World Music Expo (WOMEX) auf Zollverein Essen war ein Erfolg, bilanzieren die Veranstalter. Sie überlegen, die Messe dauerhaft im Ruhrgebiet zu etablieren – wenn das Land sie unterstützt

Dem Revier würde es gut zu Gesicht stehen, wenn sich die WOMEX hier etabliert

AUS ESSENNATALIE WIESMANN

In der Halle 9 auf Zollverein stehen drei zierliche Frauen im Rampenlicht. Ihr voluminöser dreistimmiger Gesang erinnert an einen russischen Chor. Eine zupft dazu an ihren Cello-Saiten, die zweite hämmert auf einer Art Zither herum. Die dritte Musikerin schrubbt mit geschlossenen Augen ihre Geige im Irish-Folk-Stil und fällt vor lauter Einsatz fast von der Bühne. Die Warshaw Village Band aus Polen ist eines von 52 Ensembles, die in den vergangenen fünf Abenden auf der World Music Expo (WOMEX) auf Zollverein Essen ihren Auftritt hatten. Mit der Verleihung des WOMEX Award 2004 an Produzent Marc Hollander für „25 Jahre visionärer Graswurzelarbeit am blühenden Pflänzchen Weltmusik“ ging gestern die weltgrößte Expo für Weltmusik und Global Sounds zu Ende.

An 200 Ständen präsentierten sich Labels und Konzertagenturen aus 90 Ländern dem Fachpublikum und den Journalisten. Was dort als World Music vermarktet wurde, fing bei iranischer Volksmusik an und hörte bei „Jazzvokalakrobatik“ aus der Schweiz auf. Doch trotz der großen Bandbreite der Weltmusik sind ihre Vertreter noch eine relativ kleine Community. Das alljährliche Treffen auf der WOMEX, die in diesem Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum feiert, ist nach wie vor sehr familiär. „Hier kann ich Musiker treffen, mit denen ich das Jahr über nur telefoniere“, sagt ein Konzertagent aus Frankreich.

Doch die Fangemeinde der Weltmusik wächst auch im Ruhrgebiet: Mit 3.000 Konzertbesuchern aus der Region stieg die Zahl im Vergleich zur letzten WOMEX auf Zollverein vor zwei Jahren, die Zahl der Aussteller wuchs um zehn Prozent an. „Wir wünschen uns, die WOMEX dauerhaft im Ruhrgebiet zu etablieren“, sagt Essens Kulturdezernent Oliver Scheytt, der damit auch für die Festivalleitung und Projekt Ruhr spricht. „Wir hoffen dass das Land uns dabei hilft“, sagt er. Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) hätte dies bei der Eröffnung der Messe bereits in Aussicht gestellt. Bisher war vorgesehen, dass die WOMEX nur alle zwei Jahre in Deutschland stattfindet und in den Jahren dazwischen in einem anderen Land gastiert. Nun soll sie ab 2006 über drei bis vier Jahre hinweg nur noch in Essen stattfinden, wenn es nach den Organisatoren geht. „Unter dem Aspekt der kulturellen Vielfalt würde die WOMEX als Aushängeschild dem Ruhrgebiet gut zu Gesicht stehen“, sagt Scheytt. Ihm liege außerdem am Herzen, die unterschiedlichen ethnischen Gruppen im Revier bei der Vorbereitung für die kommende WOMEX mehr mit einzubeziehen und sie für die Konzerte zu gewinnen.

Die um die Zeche Zollverein herum lebenden Migranten gehörten nicht zu den Besuchern der WOMEX. Das überwiegend zahlungskräftige Publikum hatte immerhin 16 Euro Eintritt für einen Abend gezahlt. „Über Preisreduktionen müsste man nochmal nachdenken“, gibt Scheytt zu. Zum Nachdenken haben die Veranstalter noch ein wenig Zeit. Im nächsten Jahr gastiert die Weltmusikmesse erst einmal im nordenglischen Newcastle.