Fußpflege unter der Grasnarbe
: Ein Fön für Dortmund

Wer schaut sich Fußballspiele schon auf Premiere an, ist doch was für Sesselpupser und Bundesligafans. Richtig ordentlich gekickt wird sowieso nur in der Regionalliga. Fußball muss man gerade in der Liga drei im Stadion erleben – im nicht überdachten Fanblock, natürlich stehend. Da macht das Fußballgucken erst so richtig Spaß, gerade wenn die gefühlte Temperatur unter 5 Grad Celsius liegt, der Regen die Sicht des Brillenträgers einschränkt, die Klamotten am Körper kleben und Nebelschwaden über das Spielfeld ziehen. Als Fan schreckt man vor widrigen Witterungsbedingungen nicht zurück.

Als Rasenpfleger anscheinend schon. Besonders, wenn man in Dortmund das heilige Grün des Westfalenstadions schützen muss – vor wilden Amateuren, die alles umpflügen. Erdhügel könnten schließlich die Profis behindern, sie zu Fall bringen und sogar für schwere Verletzungen wie Fingernagelabbruch, Wimpernverlust oder, o Schreck!, bräunliche Verfärbungen der Knie durch Matsch sorgen.

Liebe Borussia aus Dortmund, dass man ein Spiel einmal wegen mieser Platzbedingungen absagt, sei gestattet, aber zehn Tage später gleich wieder? Haben deine Amateure Angst vor dem FC St. Pauli, vor dem 10. Spieltag oder vor Regen? Deine Profis gar vor oben beschriebenen Verletzungen? Vielleicht würden deine Bundesligakicker jetzt auf einem der ersten fünf Plätze stehen, wenn du auch bei ihnen ab und an das Feld wegen kleiner Pfützen sperren würdest.

Kann St. Pauli hoffen? Lohnt sich die Busfahrt nach Dortmund oder werden die Fans wieder vor verschlossenen Türen stehen, wie beim zweiten Versuch am 5. Oktober? Die Chancen, dass auch am 10. November ab 19 Uhr nicht im Westfalenstadion gespielt werden kann, stehen nicht schlecht. Schließlich prophezeien die Wetterdienste Schauer – morgens, mittags und abends, dazu Wind aus Südwest, der mit 9 Kilometern pro Stunde die Grasnarbe kitzeln wird. Kleine Pfützen werden sich wohl ansammeln auf dem guten Fußballrasen.

Für die Austragung des Spiel spricht allerdings, dass die Profis erst am 20. November wieder das heimische Grün betreten. Bis dahin dürfte die Verletzungsgefahr für Millionäre deutlich verringert sein. Und falls du trotzdem Bedenken haben solltest, dass bis zum Spiel deiner Erstligisten die Grashalme nicht wieder gerade stehen, liebe Borussia, dann lass die Amateurkicker doch einfach auf der Roten Erde spielen, deiner eigentlichen Heimspielstätte. Jetzt bitte nicht das Argument Sicherheitsbedenken vorbringen, liebe Borussia. Nur weil aus Hamburg 1.500 Fans anreisen? Sei doch froh, schließlich haben deine Jungs beim letzten Heimspiel gegen Paderborn, vor gerade mal 890 Zuschauern, sechs Tore geschossen und nicht einen Ball über die eigene Torlinie kullern lassen.

Steckt gar mehr hinter den Spielabsagen, als bloß die Angst vor nassen Füßen? Schließlich bietest du allen Fans des FC St. Pauli, die eine Karte für den 5. Oktober hatten, einen Tribünenplatz für ein Heimspiel deiner Profis an. Haben die Anhänger der Schwarz-Gelben ihre Dauerkarten aus Frust über die miserable Leistung in den letzten Wochen zurückgegeben? Steigt mit der Zahl der Besucher, die einen Anfahrtsweg von mehr als 200 Kilometern haben, etwa die Borussia-Aktie über 2,70 Euro? Unter diesen Umständen sollten alle St. Paulianer der Einladung folgen. Vielleicht kannst du, liebe Borussia, dir dann einen Fön leisten und das satte Grün im 83.000 Zuschauer fassenden Westfalenstadion rechtzeitig trockenlegen.