Laden mit Szene-Anschluss zu verkaufen

Der Infoladen im Viertel – Treffpunkt und Büro der linken Szene – steht zum Verkauf. Selbst wenn sich kein Käufer für das marode Gebäude findet, müssen die Mieter womöglich ausziehen. Die plagen sich seit zehn Jahren mit horrenden Mieten

Bremen taz ■ Der Ort scheint wie geschaffen für einen linksalternativen Infoladen: Mitten im Viertel und doch versteckt in einer engen dunklen Seitengasse des Ostertorsteinwegs. Wer nicht weiß, was er sucht, wird nichts finden. Von außen macht die eingeschossige Butze einen schäbigen Eindruck, erfüllt aber den Zweck: Sie ist geräumig genug, um sich dort mit größeren Gruppen treffen zu können und einen kleinen Buch- und Zeitschriftenladen zu betreiben. Im Keller ist das Archiv der sozialen Bewegungen untergebracht, oben im Laden gibt es „Revolutionsbedarf“, wie es ein Hamburger Infoladen im Internet formuliert: Dazu gehören „Nazis raus“-Aufkleber und Anti-Castor-Plakate.

Seit 23 Jahren hat die linke Bremer Szene hier ihr Büro und ihren Treffpunkt, doch die Ära könnte jetzt zu Ende gehen. Die Stadt, von der die Bremer BürgerInnenintiative gegen Atomenergieanlagen (BBA) das Gebäude für 541 Euro monatlich angemietet hat, möchte verkaufen.

Ende Februar läuft der Staffelmietvertrag aus, auf den sich die BBA-Leute vor zehn Jahren eingelassen hatten, als sie rausgeschmissen werden sollten. Die Miet- und Nebenkosten von noch einmal 123 Euro monatlich werden überwiegend aus Spenden – zum Teil aus Solidaritäts-Parties – bestritten. Der Vertrag ist aber nicht nur ungünstig in finanzieller Hinsicht: Festgehalten hat die Bremische, die im Auftrag der Stadt das Gebäude vermietet, dass keine Sanierungsarbeiten übernommen werden.

Entsprechend heruntergekommen sind die Räume, im Keller wölbt sich die Tapete und gibt den Blick auf Gebilde frei, bei denen sich Experten streiten, ob es sich um Schimmelpilze oder ungiftige Salpeter-Ausblühungen handelt. Der feuchte Keller ist ein Problem, weil dort Bücher und Zeitschriften archiviert werden. „Wenn es regnet, steht auf der Treppe schon mal das Wasser“, sagt Silja Freudenberger, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität und BBA-Mitglied seit 12 Jahren. Sie glaubt, dass die Verkaufsabsichten konkreter geworden sind, seitdem sie sich bei der Bremischen über den Zustand des Hauses und den hohen Mietpreis beschwert hat. Eine Modernisierung schließt ein Sprecher der Bremischen aus: „Der finanzielle Aufwand stünde in keinem Verhältnis zu dem Nutzen.“ Deshalb solle die Immobilie verkauft werden.

Allerdings bestehen Zweifel daran, dass sich ein Käufer für den Infoladen findet, bereits 1995 waren Verkaufsabsichten gescheitert. „Wenn man damit Geld machen wollte, dann müsste man es schon abreißen“, sagt Freudenbergers Mitstreiterin Claudia Rudolph, Diplom-Betriebswirtin und seit 1986 bei der BBA engagiert. Baurechtlich ist wegen der umliegenden Häuser nur eine eingeschossige Bebauung möglich. Auf dem Grundstück nebenan entsteht derzeit nichtsdestotrotz ein Einfamilienhaus – mit Souterrainzugang.

„Das ist ein sehr guter Standort“, bestätigt pflichtgemäß Martin Rohmann, Sprecher der Bremer Immobilien GmbH, kurz GBI, die als Unternehmen des Landes Bremen dessen Immobilienbesitz verwaltet und nach Möglichkeit gewinnbringend veräußern soll. Es gebe bereits Gespräche mit Interessenten. Sollte der Verkauf scheitern, will er keine Zusage darüber machen, dass der Mietvertrag der jetzigen Mieter verlängert würde.

Heute Abend befasst sich der Beirat Mitte mit den Verkaufsplänen (19 Uhr, Ortsamt, Am Dobben 91). Von der CDU und Ortsamtsleiter Robert Bücking ist keine Solidarität zu erwarten. Von den anderen Beiräten schon: „Wir werden den Verkauf entweder ablehnen oder an die Bedingung knüpfen, dass Ersatzräume gestellt werden müssen“, sagt die SPD-Stadtteilpolitikerin Ulrike Hiller. Doch vergleichbar große Räume kann die Stadt im Viertel nicht bieten. Und Privatvermieter würden wohl noch horrendere Preise verlangen. Eiken Bruhn