Mach weiter, Mädchen!

Wenn Patricia Riekel zweimal klingelt, öffnen Promis für „Bunte TV“ Tür und Tor

Einschalten und los. Kling, klang, klung, keine lange Vorrede, nur drei Takte Musik – und da läuft doch schon Karl Lagerfeld über den Bildschirm? Ja, er ist’s, in Begleitung einer freundlichen Dame. Eine Tür öffnet sich, und wir stehen in der Villa des Modefürsten in Paris. Die nette Frau fragt nach der Zahl der Zimmer, nach dem Gewicht des Maestros und nach Mutterliebe in der Kindheit. Im Schweinsgalopp reitet die Chefredakteurin von Bunte, Patricia Riekel, durchs Leben von Karl dem Mageren, denn in 15 Minuten muss alles erledigt sein.

Seit vergangenen Freitag hat die ARD mit Riekels „Bunte TV“ eine neue Tratsch- und Klatschsendung. Die erfolgreiche Zeitschriftenjournalistin Riekel (die aktuelle, Bunte, InStyle) hat zwar keine Fernseherfahrung als Moderatorin. Aber grundsätzlich hat es ja Charme, sich alles zuzutrauen. Grundsätzlich ist die Idee ja auch nicht schlecht, Prominente Zuhause zu befragen. Und grundsätzlich will auch die ARD ein Massensender bleiben. Also einigten sich die Öffentlich-Rechtlichen mit dem Hause Burda auf eine neues Promi-Konzept: Riekels Hausbesuche.

Bei „König Karl“ wird sie sogar bis ins Schlafzimmer vorgelassen. „Ich hasse breite Betten“, sagt seine Hoheit. Dafür hat er acht Schreibtische. An einem schreibt er nur Deutsch, an einem Französisch, Englisch and so on. Respekt. Dann sind die ersten 15 Minuten auch schon vorbei und schwupp ist Patricia Riekel von Paris in die Uckermark geeilt, zu Angela Merkel.

Ausgerechnet an einem der schwierigsten Tage ihrer Karriere, an dem Angela Merkel mit Müh und Not den Ausschluss von Martin Hohmann über die politische Bühne bringt, sendet die ARD am Abend eine Plauderei mit der CDU-Chefin über Bratkartoffeln und Waldspaziergänge. Anders als der eitle Karl lässt Angela die Bunte-Chefin aber nicht über ihre Schwelle. Nicht einmal den Vorgarten darf der Zuschauer sehen. Stattdessen sitzen die beiden in einem Landgasthof, und Frau Merkel versucht angestrengt, nur nicht die Wahrheit über ihre merkwürdige Rumpf-Ehe zu sagen. Ob ihr Mann denn an den seltenen gemeinsamen Abenden ihr auch mal ein Glas Schorle einschenke? Irgendwie ging auch die Antwort darauf in merkelschem Gemurmel unter.

Will man ja aber auch vielleicht gar nicht wissen. Jeder Praktikantin bei Bunte würde man nach ihrem ersten nicht ganz schlechten Artikel sagen: „Mach weiter, Mädchen, das wird schon noch.“ Das Gleiche gilt für Riekel. Gib sie noch ne Chance.

PHILIPP MAUSSHARDT