SPD probt Weg aus der Krise

Bundeskanzler Schröder wirbt auf SPD-Delegiertenkonferenz für EU-Erweiterung. SPD verabschiedet ein Europamanifest und kürt Spitzenkandidaten für EU-Wahl

BOCHUM taz ■ Sehr routiniert und mit kaum bekannten Gesichtern ist die SPD gestern in Bochum in den Europawahlkampf gestartet. Und das, obwohl die Europawahlen im Juni 2004 ein wichtiger Gradmesser dafür sein werden, ob die SPD einen Weg heraus aus ihrer Krise findet.

Eine SPD-Delegiertenkonferenz, im Schatten des heute beginnenden dreitägigen Parteitags abgehalten, debattierte ein Europamanifest, das zuvor vom SPD-Bundesvorstand beschlossen worden war. Darin wird Europa als eine „Wertegemeinschaft“ und „Friedensmacht“ beschrieben. Soziale Gerechtigkeit, fairer Wettbewerb und sozialer Rechtsstaat zeichneten das Zusammenleben in der EU aus. „Wir wollen dieses europäische Gesellschaftsmodell weltweit zum Vorbild für eine soziale, solidarische und zukunftsfähige Gesellschaft entwickeln“, heißt es in dem Manifest. In der Außen- und Sicherheitspolitik sei nicht Konkurrenz oder gar Rivalität, sondern eine „gleichgewichtige, ebenbürtige Partnerschaft zwischen den USA und der EU“ das Ziel. Internationale Einsätze der EU würden nur auf der Grundlage des Völkerrechts und der UN-Charta erfolgen. „Das schließt Präventivkriege aus“, heißt es.

Bundeskanzler Schröder warb in seiner knapp 30-minütigen Rede für die Erweiterung und Vertiefung der EU. Als „politische Dimension“ der Erweiterung bezeichnete Schröder die Chance, das riesige Europa zu einem „Ort dauerhaften Friedens“ zu machen. Wer auch nur mit dem Gedanken spiele, darauf zu verzichten, verspiele eine „historische Chance“. Natürlich sei Europa auch „ein Markt ungeheurer Größe“, die Erweiterung würde auch in Deutschland zu besseren wirtschaftlichen Möglichkeiten führen. „Selten hat es eine solche Win-Win-Situation gegeben“, sagte Schröder mit Blick auf die EU-Erweiterung, „ökonomisch, politisch und sozial.“

Als Spitzenkandidaten für die Europawahl wählte die Delegiertenkonferenz den Vorsitzenden der SPD-Gruppe im Europäischen Parlament, Martin Schulz. Nach Schulz taucht erst auf Listenplatz 10 wieder ein Halbpromi auf: der türkischstämmige Hamburger Reiseunternehmer Vurgal Öger. JENS KÖNIG