Altstars verlassen den Landtag

Zahlreiche Abgeordnete des NRW-Parlaments wollen im kommenden Jahr aufhören. Bei der SPD tritt ein Viertel der Volksvertreter 2005 nicht wieder an. Generationenkonflikt bei den Christdemokraten

VON MARTIN TEIGELER

Die Routiniers kehren dem NRW-Parlament den Rücken. Mehrere altgediente Volksvertreter wollen zur nächsten Landtagswahl am 22. Mai 2005 nicht wieder antreten. Sie machen ihre Abgeordnetenbänke für jüngere Politiker frei. Unter den künftigen Politrentnern sind auch einige ehemalige Minister.

Zu den Aussteigern gehört Landtagspräsident Ulrich Schmidt (SPD). „Man kann die Verjüngung des Parlaments nicht immer nur fordern“, sagt Schmidt, der im Mai 2005 auf 30 Parlamentsjahre zurückblicken wird, über seine Entscheidung.

Ebenfalls ins politische Nirwana begeben sich mehrere ehemalige Landesminister. Ex-Bildungsministerin Gabriele Behler, die frühere Arbeits- und Kulturministerin Ilse Brusis (beide SPD) sowie der einstige Europaminister und SPD-Fraktionschef Manfred Dammeyer beenden ihre teils langjährigen Landtags-Karrieren. Die profilierte Schulpolitikerin Brigitte Speth hört ebenso auf wie Gabriele Gorcitza aus Herne. Sie will sich auf ihr Engagement bei der Arbeiterwohlfahrt konzentrieren, nachdem sie sich mit den lokalen Genossen wegen des geplanten Forensik-Baus in Herne zerstritten hat. „Eine Kommunikation auf sachlicher Ebene ist nicht mehr möglich“, sagte Gorcitza zum Abschied resigniert. Behler, die zeitweise auch stellvertretende SPD-Landesvorsitzende war, hat sich nie als lebenslange Berufspolitikerin gesehen. „Das war nie meine Planung.“ Deshalb sei die Landtagswahl ein guter Zeitpunkt, sich aus der Landespolitik zurückzuziehen.

„Mindestens ein Viertel der momentan 101 SPD-Abgeordneten kandidiert nicht wieder“, sagt der sozialdemokratische Fraktionssprecher Hans-Peter Thelen auf Anfrage. In anderen Legislaturperioden seien sogar bis zu ein Drittel der Repräsentanten abgetreten. Ein SPD-Abgeordneter verlässt den Landtag bereits in diesen Tagen – wegen eines politischen Erfolgs. Der neu gewählte Gelsenkirchener Oberbürgermeister Frank Baranowski konzentriert sich auf sein Kommunalamt. Auf ihn folgt die geübte Nachrückerin Svenja Schulze. Die frühere Juso-Landeschefin war bereits Ende der 90er Jahre kurzzeitig in das Parlament eingezogen.

„Unser Ziel ist es, im nächsten Landtag zehn Abgeordnete im Juso-Alter unter 35 Jahren zu haben“, sagt Uwe Bonsack von der SPD-Nachwuchsorganisation. Bislang ist mit dem Bochumer Thomas Eiskirch ein neuer Jungsozialist offiziell für die Wahl nominiert worden. Weitere Nachwuchspolitiker werden in den nächsten Monaten aufgestellt.

Bei der CDU ist bereits ein Generationenkonflikt um sichere Wahlkreise für die Landtagswahl ausgebrochen. In mehreren Wahlbezirken mussten jüngere CDU-Politiker schon im Vorfeld der Kandidaten-Aufstellung einen Rückzieher machen, weil sie gegen ältere Bewerber chancenlos waren. So schaffte in Witten der 28-jährige Jung-Christdemokrat Torsten Schudlich nicht die Nominierung für das NRW-Parlament. Auch Hendrik Wüst, Landesvorsitzender der Jungen Union (JU), verzichtet bislang auf eine Landtagskandidatur. Der JU-Chef war erst bei der Europawahl im Juni knapp gescheitert. Weil sich der Münsterländer nach parteiinternen Auseinandersetzungen mit Alt-CDUlern auf einem hinteren Listenplatz wiederfand, schaffte Wüst nicht den Sprung ins EU-Parlament. Nur wenige erfahrene Christdemokraten wollen Platz machen für Neulinge. „Die meisten bleiben in Düsseldorf, weil sie ab 2005 endlich mal regieren wollen“, beschreibt ein CDUler die Wünsche der ewigen Oppositionellen.

In der grünen Landtagsfraktion wird es keinen Generationswechsel geben. „Vier Abgeordnete haben bisher erklärt, dass sie 2005 aufhören wollen“, so eine Fraktionssprecherin. Bei der FDP ist noch alles im Fluss. Von den 23 Abgeordneten hat noch niemand zu Erkennen gegeben, der wieder antreten will. Viele Abgänge sind unwahrscheinlich, gehört die blau-gelbe „NRW braucht Tempo“-Truppe dem Landtag doch erst seit fünf Jahren an. Der letzte, der die FDP-Landtagsfraktion verlassen hat, war Jürgen W. Möllemann.