Wenig Hoffnung auf Veränderung

Im Nahen Osten ist das Image der USA auf dem Tiefpunkt. Wahlgewinner zweitrangig

KAIRO taz ■ Bush oder Kerry? – in der arabischen Welt, der Region, die wohl am direktesten von der US-Außenpolitik des nächsten US-Präsidenten betroffen sein wird, herrscht zu dieser Frage meist Gleichgültigkeit. Nach dem Irakkrieg hat das Image Amerikas generell einen Tiefpunkt erreicht. „Araber sollten nicht allzu große Hoffnungen auf das Ergebnis der US-Wahlen setzen“, gibt die Kairoer Hausfrau Amani Mahmoud die allgemeine Gefühlslage wieder. Auch was die Unterstützung der israelischen Regierung aus dem Weißen Haus angeht, wird wenig Neues erwartet: „Kerry oder Bush – in beiden sehe ich Scharon“, sagt Hoda Amer, die im ägyptischen Parlament für Medienarbeit zuständig ist.

Dennoch, bei einer Meinungsumfrage, die am Donnerstag von Al-Ahram Weekly veröffentlicht wurde, gaben 51 Prozent der Befragten an, Kerry zu wählen, wenn sie die Möglichkeit hätten, oft mit Kommentaren wie „das kleinere Übel“ versehen. „Alles, nur nicht Bush“, lautet das Hauptargument, mit kaum jemandem, der sich überzeugt gibt, dass Kerry das Ruder im Nahen Osten radikal herumdrehen würde, die Besatzung des Irak auf vernünftige Weise beenden und die einseitige Unterstützung Israels aufgeben würde. „Die Fernsehdebatten im US-Wahlkampf haben gezeigt, dass sich beide Kandidaten in der Nahostpolitik nicht wesentlich unterscheiden“, warnt der Al-Ahram-Kolumnist Salama Ahmad Salama, hofft aber dennoch, dass „Kerry einfach klüger und weiser als Bush ist und vielleicht doch einige Fehler der US-Politik in dieser Region korrigiert“. Der ägyptische Politologe Muhammad Sid Ahmad fürchtet: „Ein Wahlsieg von Bush wäre ein Sieg der Option des militärischen Präventivschlages, der die Möglichkeit eines zukünftigen Krieges gegen Syrien, den Iran oder jeden anderen Teiles der ,Achse des Bösen‘ eröffnet.“

Immerhin 12 Prozent der befragten Ägypter gaben an, für Bush zu stimmen. „Der Teufel, den wir kennen, ist besser als der, den wir nicht kennen“, lautet das Hauptargument dieser Gruppe. Essam Erian, ein führendes Mitglied der Muslimbrüder, der größten islamistischen Oppositionsgruppe in Ägypten, hält Bush auch zu Gute, dass er immerhin „die arabischen Regime auf die Straße der Reform gezwungen hat“.

Für viele der Befragten war das Thema Wahlen ohnehin „mehrere Raumgalaxien entfernt“. Das schrieb der Auftraggeber der Befragung, die Al-Ahram Weekly. Schließlich, so die Zeitung in einer überraschend kritischen Bemerkung, hätten die Ägypter nur die Möglichkeit, ihren Präsidenten per Referendum zu wählen, „indem sie Ja oder Nein zu einem einzigen Kadidaten sagen dürfen“. Und auch Kolumnist Salama kann sich am Ende nicht die Bemerkung verkneifen, dass die Araber nicht auf Wunder von außen warten sollen, denn, wie er schreibt: „Unsere einzige Hoffnung für Veränderung ist, zu verändern, wie wir uns selbst regieren.“

KARIM EL-GAWHARY