Touchdown und Sieg für den Herausforderer

Wenn die Washington Redskins vor der Wahl verlieren, scheitert seit mehr als siebzig Jahren auch der Präsident. Und sie haben verloren

BERLIN taz ■ Versiegelt die Urnen! Mottet die Zählmaschinen ein! Schickt die Anwälte zurück in ihre Kanzleien! Denn nun ist klar, wer der 44. Präsident der Vereinigten Staaten wird: John Kerry. Nach der sonntäglichen 14:28-Niederlage der Washington Redskins gegen die Green Bay Packers sind alle Zweifel ausgeräumt. Denn seit 1933, als sich die American Footballer der Boston Braves in Redskins umbenannten, hat das Ergebnis ihres letzten Heimspiels vor dem Urnengang stets den Ausgang der Wahl gespiegelt: Siegten die Redskins, blieb die regierende Partei an der Macht. Ging das Spiel für Washington verloren, gewann der Herausforderer. So war es bei den letzten 17 Präsidentschaftswahlen, und falls sich diese seit nun 71 Jahren währende Serie fortsetzt, wird John Kerry der Wahlsieger.

Der kann allerdings von Glück sagen, dass die Schiedsrichter offensichtlich demokratisch gesinnt waren: Als die Redskins zweieinhalb Minuten vor Spielende einen Touchdown erzielten und in Führung gingen, hatten die Unparteiischen ein Foul gesehen. Bei der Wiederholung des Spielzugs warf Washingtons Quarterback Mark Brunell den Ball einem Packers-Verteidiger in die Arme, kurz darauf besiegelte Green Bay mit einem Touchdown Kerrys Wahlsieg.

„Oh ja, Kerry wird gewinnen, das ist jetzt garantiert“, verkündete Verteidigungsspezialist und Kerry-Anhänger Darren Sharper nach dem Spiel, „ich muss nicht mal mehr wählen gehen.“

Vorsicht ist dennoch geboten: 2004 scheint das Jahr, in dem bislang unverbrüchliche Gewissheiten aus der Welt des Sports ins Wanken geraten. So gewannen die Boston Red Sox, Inbegriff des Scheiterns im amerikanischen Profisport, vor wenigen Wochen die Baseball-Meisterschaft – erstmals seit 1918. Was ein gutes Zeichen für den bekennenden Red-Sox-Fan Kerry wäre.

Bush allerdings dürfte sich eh nicht groß verlassen haben auf Unterstützung von Sportlern. Mit Leibesübungen hatte der Amtsinhaber nie viel Glück: die Texas Rangers waren vor, während und nach seiner Zeit als Mitbesitzer des Teams eine der erfolglosesten Baseball-Mannschaften des Landes.

Hoffnung dürfte Bush immerhin eine andere, kürzlich aufgedeckte Korrelation machen. Die Kinderbuchautoren Peter und Cheryl Barnes stellten bei Recherchen zu ihrem neuen Werk „President Adams’ Alligator and Other White House Pets“ fest, dass in nahezu allen Fällen der Kandidat mit den meisten Haustieren obsiegt hatte: So gewann Teddy Roosevelt, den zeitweise 34 Tiere umspielten, gleich vier Wahlen. Dwight D. Eisenhower siegte zweimal dank neun Haustieren, und selbst der flotte John F. Kennedy fütterte 29 tierische Mitbewohner durch. Da kann Bush zwar nicht mithalten, aber Terrier Barney, Katze India und die Kuh Ofelia schlagen das Team von Kerry knapp, aber verdient: Der tritt nur an mit dem Schäferhund Cym und einem gelben Sittich. Konservative Kommentatoren immerhin räumen Kerry dennoch eine Chance auf Ausgleich ein: Schließlich sähe er aus wie ein Papagei. THOMAS WINKLER