Admiral geht von Bord

Hamburgs Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) wirft das Handtuch. Liberale beraten über schwierige Nachfolge

HAMBURG taz ■ Ein ehrenhafter Abschied sieht anders aus, nicht einmal zu einer Pressekonferenz vermochten die Herren sich durchzuringen. Gestern Nachmittag reichte Hamburgs Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) schriftlich seinen Rücktritt ein. Im Morgengrauen hatte Bürgermeister Ole von Beust (CDU) ihn „darum gebeten“, wie der Regierungschef in dürren Zeilen mitzuteilen beliebte. Er „bedaure, dass es zu dieser Entwicklung gekommen ist“.

Der 62-jährige Lange zog damit die Konsequenzen aus der seit Wochen auf ihn einprasselnden Kritik an seiner Kindergartenpolitik. Mehrere tausend Kinder erhalten nach dem neuen „wettbewerbsorientierten“ System keinen Kita-Platz mehr, zugleich wuchs die Unterfinanzierung. Etwa 40 Millionen Euro beträgt das Defizit allein in diesem Jahr. Ein Desaster, durch das Lange für die eigene Partei zum Totengräber zu werden drohte: Ein Wiedereinzug der Liberalen in die Bürgerschaft bei den Wahlen in zwei Jahren erscheint zurzeit illusorisch.

Seit über einer Woche wird in Hamburg öffentlich über Langes Nachfolge spekuliert. Obwohl der Bürgermeister gestern die Notbremse zog, wird das noch ein paar Tage so weitergehen. Denn die Freidemokraten haben trotz permanenter Krisensitzungen die Erbfolge noch immer nicht geklärt. Ihr Bundestagsabgeordneter Rainer Funke winkte vorige Woche ab, am Freitag verkündete auch Hessens Ex-Kultusministerin Ruth Wagner ihr Desinteresse an dem Job. Als Favorit gilt nun der Hamburger Parteichef Reinhard Soltau, ein 62-jähriger Oberstudienrat. Ein Sonderparteitag soll vermutlich am Wochenende die Nachfolge klären. SVEN-MICHAEL VEIT