Magier ohne Grausamkeiten

Niedersachsens Finanzminister zaubert 479 Millionen Euro aus seinem Etat. Leidtragende sind Kommunen und sozial Schwache. Der Rest ist „Arithmetik“

hannover taz ■ Weitgehend ohne schmerzhafte Einschnitte will Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) erwartete Steuerausfälle in Höhe von 479 Millionen Euro im kommenden Jahr ausgleichen. Gestern stellte er ein Bündel von Maßnahmen vor, damit die Nettokreditaufnahme 2004 die angepeilten 2,5 Milliarden Euro nicht überschreitet. Und zauberte so das drohende Etatloch einfach weg – fast ohne Grausamkeiten für den Landesetat.

Die Ausnahme: Nach den Beamten müssen nun auch die Angestellten mit Kürzungen beim Weihnachts- und Urlaubsgeld rechnen, sagte Möllring. Allerdings ist das angepeilte Einsparvolumen in Höhe von 58 Millionen Euro noch gar nicht ausgehandelt. Wenn die Gewerkschaft ver.di sich nicht beuge, „müssen wir Kündigungen aussprechen“, kündigte Möllring an.

Saftige 143 Millionen Euro spart er im kommunalen Finanzausgleich ein. Wegen geringerer Einnahmen des Landes muss er weniger Geld an die Kommunen überweisen – das wird diese schmerzen, nicht aber den Landesetat. „Das hat wirklich nichts mit Politik zu tun. Das ist Arithmetik“, räumte Möllring ein. Ohne Sparhammer soll sich auch die Entnahme von 125 Millionen Euro aus der Landestreuhandstelle auswirken. Weitere 21 Millionen Euro Zuweisungen vom Bund seien bislang „schlicht vergessen“ worden.

Durch den Aufschub von Beförderungen will er 13, durch die verschobene Einstellung von Lehrern weitere 16 Millionen Euro sparen. Wirklich traurig dürften hingegen Schüler sozial schwacher Eltern sein. Obwohl im kommenden Jahr die Lehrmittelfreiheit in Niedersachsen entfällt, will Möllring sozial Bedürftige jetzt nicht mehr aus Landesmitteln mit neuen Büchern ausstatten. Stattdessen sollen sie mit gebrauchten Lehrmitteln büffeln. Einsparsumme: 9,7 Millionen Euro. Die Regierung wolle Haushaltslöcher auf Kosten der Schwächsten decken, kritisierte Dieter Möhrmann (SPD). Es gebe keine Anzeichen dafür, dass die Gewerkschaften einem „Eingriff in die Tarifautonomie“ zustimmen würden, wie ihn Möllring beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld plane. Der Grünen-Abgeordnete Stefan Wenzel bezeichnete den Entwurf als „finanzpolitischen Verschiebebahnhof“. Am 10. Dezember wird das Parlament den Haushalt 2004 beraten. kai schöneberg