Highnoon in Karlsruhe

Keine Reform ohne schwarzen Peter: Gegen das neue Filmförderungsgesetz wird Verfassungsklage eingereicht

Erst vergangene Woche hatte der Bundestag den „Entwurf zur Änderung des Filmförderungsgesetzes“ verabschiedet, der Anfang 2004 als Gesetz in Kraft treten soll. Darin wird unter anderem geregelt, welcher Teil der Filmbranche – Produzenten, Kinobetreiber, Videoverleiher, Fernsehsender – wie viel in den gemeinsamen Topf einzuzahlen hat und wer welche Fördermittel daraus erhält. Verwaltet wird das Geld von der Filmförderungsanstalt (FFA). Das „sonderabgabenfinanzierte Subventionsgesetz“ ist eine Einrichtung, die den deutschen Steuerzahler keinen Cent kostet. Es finanziert sich ausschließlich aus den Einnahmen der Branche, die sich folglich in einem strukturellen Dilemma befindet: Alle sind sich einig, dass die Fördermittel erhöht werden müssen – nur bei der Erhöhung der eigenen Beiträge schiebt jeder dem anderen den schwarzen Peter zu.

Genau darin liegt augenblicklich der Stein des Anstoßes. Die Fernsehsender zahlen zu wenig, die Kinobranche zahlt zu viel, meint jedenfalls der Hauptverband Deutscher Filmtheater (HDF). Eine Erhöhung der FFA-Einnahmen von insgesamt 26 Millionen Euro strebt die federführende Kulturstaatsministerin Christina Weiss mit der aktuellen Novelle an. Die Mehreinnahmen sollen vor allem aus den Taschen der Kinobetreiber und der Fernsehsender, öffentlich-rechtliche wie private, fließen. Nach langem Hin und Her und zahlreichen Kompromissformeln hat der Kulturausschuss des Bundestages in letzter Minute beschlossen, die Abgaben für die Kinobetreiber pro Eintrittskarte auf durchschnittlich 2,4 Prozent festzulegen. Das ist ein höherer Satz als bisher, aber weniger, als noch im Gesetzentwurf vom Mai vorgesehen war. Weiss rechnet vor, dass die Kinokarten im Durchschnitt lediglich um 3 Cent teurer würden. Zu viel für die Kinobetreiber, die hingegen von „einseitigen und ungerechten Belastungen, die sich um bis zu 33 Prozent erhöhen“, und von einer „Existenzbedrohung“ für die Branche reden. Wegen dieses Missverhältnisses in der Zahleninterpretation will man nicht nur nach Karlsruhe gehen. Zudem wird in den Mitgliederkinos des HDF eine Kampagne gegen das Gesetz gestartet – mit Flyern, Trailern und Internetauftritt.

So viel Lärm um ein paar Prozentpunkte erscheint auf den ersten Blick absurd. Immerhin ist der Rest der Branche, inklusive des Kinoverbandes der Filmkunsttheater, mit den Neuregelungen zufrieden. Aber die wirtschaftliche Situation ist nur die eine Seite. Ebenso sehr wurmt die Leinwandbesitzer die Benachteiligung gegenüber den Fernsehsendern. Denn während sie selbst gesetzlich zur Abgabe gezwungen werden, können die Fernsehanstalten ihren geringen Beitrag frei verhandeln. Die einen sind Pflicht-, die anderen Freiwilligzahler. Nicht nur das: Die Fernsehsender behalten es sich vor, ihren Beitrag zum Teil in Sachleistungen (öffentlich-rechtliche) oder gar gänzlich in Form von kostenloser Sendezeit für Filmwerbetrailer (private) zu erbringen. Wie das dem deutschen Film nutzen soll, steht in den Sternen. DIETMAR KAMMERER