„Kartellrecht muss bleiben“

Der neue DJV-Chef Michael Konken fordert bundesweit Redaktionsstatute

taz: Herr Konken, wie erkennt man, ob die publizistische Vielfalt gefährdet ist?

Michael Konken: Im Nordwesten ist das ganz einfach: Wenn man sich da einfach mal vier regionale Zeitungen kauft, sehen alle Titelseiten gleich aus. Die Blätter beziehen fast alle den Mantel von der Oldenburger Nordwest-Zeitung. Und es gibt kaum noch Verlage, die sich dagegen wehren können.

Wie schlecht geht es den Verlegern denn wirklich?

Einigen Zeitungen geht es schlecht, keine Frage. Genaue Zahlen bekommen wir aber oft selbst da nicht, wo wir als Gewerkschaft unsere Mitarbeit an individuellen Lösungen anbieten. Andere Unternehmen stimmen aus reiner Strategie in diese Klage ein. Das ist bloße Taktik. Man darf doch nicht vergessen, dass fast alle Verlage über Jahre sehr gut verdient haben.

Also haben wir gar keine branchenweite Strukturkrise?

Vor allem die großen Häuser sind doch weiter in der Lage zu expandieren. In Osteuropa wird heftig zugekauft. Gut, die Anzeigenumsätze sind eingebrochen. Aber ich kann hier keine große Strukturkrise erkennen.

Also keine Veränderungen im Kartellrecht?

Das Gesetz muss so bleiben, wie es ist: keine Heraufsetzung der Grenzen, ab der eine Anmeldung beim Kartellamt erfolgen muss. Aber das reicht nicht. Wir brauchen jetzt endlich ein zusätzliches Presserahmengesetz.

Und was soll da drinstehen?

Wie die redaktionelle Unabhängigkeit sichergestellt werden kann, wenn es doch zu Fusionen oder anderen Kooperationen kommt. Der Staat muss endlich die innere Pressefreiheit garantieren. Es muss zum Beispiel Mitspracherechte der Redaktion bei der Besetzung der Chefredakteurposten geben.

Das gibt es ja selbst bei der taz nur sehr indirekt. Sie aber fordern mal eben ein bundesweites Redaktionsstatut?

Nicht ein einziges für alle, sondern ganz viele.

Und das soll praktikabel sein? Letztlich bestimmt doch immer der, der bezahlt.

Das ist ja das Problem: Wir haben doch heute gar nicht mehr den Verleger, für den Pressefreiheit und die Qualität der Berichterstattung noch Ideale waren. Da sitzen heute eiskalt kalkulierende Geschäftsführer, die wollen nur Gewinne machen.

Und trotzdem fordert der DJV eine direkte Subventionierung maroder Blätter.

Man muss kleinen Verlagen helfen, sonst sehe ich für die Zukunft schwarz. Wir brauchen eine konkrete Presseförderung zur Bewahrung der publizistischen Vielfalt. Und zwar mit einer Stiftung, auf die der Staat keinen Einfluss hat. So ein Stiftungsmodell findet ja sogar Wirtschaftsminister Wolfgang Clement spannend. Jedenfalls hat er das zum Vorschlag des Holtzbrinck-Konzerns in Sachen Tagesspiegel gesagt. Nur: Eine einseitige Selbstverpflichtung eines Verlagshauses macht doch keinen Sinn, weil sie keine Sicherheit bietet.

Sie setzen also auf die Medienpolitik?

Nein, was da läuft, ist doch einfach schwach. Unsere Stimmen werden kaum gehört, obwohl wir uns ja nicht erst seit gestern ins Zeug legen. Die Verleger haben leider viel bessere Chancen, weil die Politiker lieber ihnen ihr Ohr schenken. INTERVIEW: STG