Stimmen in Moldawien werden neu gezählt

Verfassungsgericht räumt der Wahlkommission nach umstrittener Parlamentswahl eine Frist von neun Tagen ein

BERLIN taz ■ Das Verfassungsgericht der Republik Moldawien hat angeordnet, dass die bei den Parlamentswahlen vom 5. April abgegebenen Stimmen neu ausgezählt werden. Dafür habe die Wahlkommission neun Tage Zeit, erklärte der Präsident des Gerichts, Dumitru Pulbere, in der Hauptstadt Chișinău. Neben der Neuauszählung sollen auch die Wählerverzeichnisse genau überprüft werden.

Bei den Parlamentswahlen, die Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) als im Wesentlichen fair bezeichnet haben, hatte die regierende Kommunistische Partei mit rund 49,48 Prozent der Stimmen und 60 der insgesamt 101 Mandate das bei weitem beste Ergebnis eingefahren. Die drei Oppositionsparteien Liberale Partei, die Allianz „Unser Moldova“ sowie die Liberaldemokratische Partei Moldova waren zusammen auf rund 36 Prozent der Stimmen gekommen.

Deren Anhänger gingen zu Beginn der vergangenen Woche aus Protest gegen das ihrer Meinung nach gefälschte Wahlergebnis – so sollen auf den Wahllisten auch die Namen zahlreicher Verstorbener gestanden haben – auf die Straße. Bei den mehrtägigen gewalttätigen Protesten, in deren Verlauf die Demonstranten das Parlament und den Sitz des Präsidenten gestürmt hatten, waren mindestens ein Protestierender getötet und rund 200 verhaftet worden.

Moldawiens Präsident Wladimir Woronin, dessen Mandat am 8. Juni 2009 ausläuft, machte in der Hauptsache das Nachbarland Rumänien für die Ausschreitungen verantwortlich. Der KP-Politiker kündigte die Wiedereinführung der Visapflicht für Rumänien an und ließ den rumänischen Botschafter ausweisen. Demgegenüber beschuldigte der Chef der Allianz „Unser Moldova“, Serafim Urechean, die Kommunisten eines Putschversuchs. Diese versuchten, einen eisernen Vorhang zwischen der EU und Moldawien zu errichten – besonders, was die Beziehungen zwischen Chișinău und Rumänien betreffe. „Aber das werden wir nicht zulassen“, sagte Urechean.

Unterdessen schickte die EU in der vergangenen Woche einen Vertreter nach Chișinău, um in dem Konflikt zu vermitteln. Dies sei die einzige Möglichkeit, wie ein Kommentator des moldawischen Internetdienstes „moldova azi“ meint. Andersfalls werde das Land in ein autoritäres Regime abgleiten, was jedoch nur noch mehr Gewalt und Instabilität an der Ostflanke der EU hervorbringen werde.

BARBARA OERTEL