Strahlende Zusammenarbeit soll enden

Deutschland hat mehr als 38 Verträge zur Atomkraft geschlossen. Koalitionsfraktionen fordern Umwandlung

BERLIN taz ■ Die Fraktionen von Grünen und SPD verlangen von der Regierung vollständige Informationen über alle bestehenden Atomverträge mit anderen Staaten. Ziel ist die Kündigung beziehungsweise Umwidmung all dieser Verträge zur „friedlichen Nutzung der Kernenergie“ in Kooperationen bei Erneuerbaren Energien. Eine entsprechende Anfrage machten die zuständigen Fraktionsvizechefs Michael Müller und Gernot Erler (SPD) sowie Reinhard Loske und Winfried Nachtwei (Grüne) beim Auswärtigen Amt. „Wir erwarten eine vollständige Liste inklusive der Kündigungsfristen“, sagte Loske der taz. „Nur so werden wir genügend Zeit haben, solche Verträge in Richtung Energieeffizienz und Erneuerbare Energien umzuwandeln.“

Nach einer der taz vorliegenden vorläufigen Aufstellung gibt es Verträge über bilaterale Zusammenarbeit mit 25 Staaten, dazu kommen 13 multinationale Verträge zu diversen kerntechnischen Zwecken. Vielleicht sind es sogar ein paar mehr, weil es dem Vernehmen nach Forschungsverträge gibt, bei denen noch unklar ist, ob auch sie kerntechnische Kooperationen einschließen. Zu den Vertragspartnern gehören neben EU-Staaten wie Dänemark und Schweden – wo sich die Verträge meist auf Informationsaustausch und Sicherheitsfragen beschränkt – Ägypten, Argentinien, Bulgarien, China, Indien, Indonesien, Iran, Südkorea, Rumänien und Russland.

In den außereuropäischen Staaten geht es zuerst um die Förderung des deutschen Exports. „Was uns natürlich besonders interessiert“, sagte der SPD-Fraktionsvize Müller der taz, „ist der Vertrag mit dem Iran.“ Zwar sei dieser „stillgelegt“, er müsse aber „ganz weg“. Der Iran wird verdächtigt, eine eigene Atombombe zu entwickeln.

Aufgekommen war der Konflikt über den Vertrag mit Brasilien, der sich, wenn er nicht bis zum 18. November gekündigt wird, um fünf Jahre verlängert. Obwohl der Atomausstieg lange beschlossen ist, unternahm die Bundesregierung keinerlei Anstalten, die Verträge, die von 1971 bis 1998 geschlossen wurden, zu kündigen.

Noch immer sperrt sich vor allem das Wirtschaftsministerium. Die Fraktionen haben die Regierung aufgefordert, bis zum 8. November eine feste Zusage zum Brasilienvertrag zu machen. Ansonsten wolle man dies per Bundestagsbeschluss durchsetzen. MATTHIAS URBACH