Schön gerechnet: Lehrer in NRW überaltern

Die Universität Duisburg-Essen hat eine Studie zu Lehrereinstellungen in den einzelnen Bundesländern veröffentlicht. Nordrhein-Westfalen belegt einen Platz im Mittelfeld, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft übt Kritik

ESSEN taz ■ Für die Lehrer in Nordrhein-Westfalen gibt es gute Nachrichten aus dem Schulministerium. „Bei der Arbeitszeiterhöhung ist das Ende der Fahnenstange erreicht“, sagt Ralph Fleischhauer, Sprecher des Ministeriums von Ute Schäfer (SPD). Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat eine Studie veröffentlicht, die das Bildungsreferat der Universität Duisburg-Essen zu Lehrerneueinstellungen erstellt hat. Als Teilergebnis stellten die Forscher fest, dass die Erhöhung der Arbeitszeit um eine Stunde im öffentlichen Dienst zu weniger Neueinstellungen geführt hat.

Für Fleischhauer ein wünschenswertes Ergebnis der Politik. „Denn die Arbeitszeiterhöhung hat ja nicht dazu geführt, dass weniger Lehrer da sind“, sagt er. Er verstehe zwar, dass die Gewerkschafter es lieber gesehen hätten, wenn das Ministerium die Planstellen erhöht hätte, aber das sei aus haushaltspolitischen Gründen gar nicht möglich gewesen. Auch die Kritik, dass Lehrer, die früher in Ruhestand gingen, heute weniger Pension als früher bekämen, kann das Ministerium nicht teilen. „Wenn Lehrer früh in Ruhestand gehen, ist das doch eine missliche Situation“, sagt Fleischhauer.

Trotz der älteren Lehrer, die länger arbeiteten, werde es keine Nachwuchsblockade geben, verspricht der Ministeriumssprecher. Bei den avisierten rund 75.000 Neueinstellungen im Zeitraum von 2003 bis 2015 werde es bleiben. Der GEW in Nordrhein-Westfalen reicht das aber nicht. „Das Einstellungsverfahren führt zu einer Überforderung und Überalterung der Lehrer“, sagt Michael Schulte, Sprecher der GEW in Nordrhein-Westfalen. Die PISA-Ergebnisse erforderten mehr als eine Arbeitszeiterhöhung bei den Pädagogen. Zudem bliebe es von Seiten der Landesregierung bei Versprechen. Als weitere Beispiele nennt Schulte den Subventionsabbau und die Diskussion über die Vermögenssteuer. Mehr als öffentlich darüber nachgedacht werde aber nicht, sagt Schulte.

„Wer gute Bildung will, muss auch die Einnahmesituation des Landes verbessern“ und dürfe nicht nur so tun, als habe er den PISA-Warnschuss verstanden, sagt Schulte. Denn die Neueinstellungen, die das Land Nordrhein-Westfalen jährlich einplane, reichten nicht aus, um von einem „PISA-Abstiegsplatz zu einem Spitzenplatz zu kommen“, sagt Schulte. Im laufenden Jahr hat das Land rund 5.500 Pädagogen neu eingestellt.

Die Bildungspolitik der Landesregierung bekommt von den Forschern der Uni Essen-Duisburg aber auch Lob. Frank Sprütten, wissenschaftlicher Mitarbeiter in Essen, sagt, entgegen der Erwartungen würden im nächsten Jahr Referendariatsplätze für alle angehenden Pädagogen bereitgestellt. Statt 5.500 dürften im kommenden Februar alle 7.000 Pädagogen in den Vorbereitungsdienst, sagt Sprütten. Und die hätten sogar gute Chancen, alle im Schuldienst zu landen, sagt Fleischhauer. „Wenn sie die Bereitschaft zu einem Ortswechsel mitbringen und alle Schulformen akzeptieren.“ Denn gesucht werde verstärkt an Kollegs, Haupt-, Real- und Gesamtschulen. ELMAR KOK