Knopfdruck statt Kreuz

Hamburgs Landeswahlleiter Willi Beiß will die nächste Bürgerschaft rein elektronisch wählen lassen. Das dürfte die Ergebniskontrolle erschweren

aus Hamburg Marco Carini

Der Mann denkt voraus. Gerade erst hat Hamburg im Februar sein Landes-Parlament neu gewählt, da beschäftigt sich Landeswahlleiter Willi Beiß schon fieberhaft damit, wie er die Bürgerschaftswahl 2008 in den Griff bekommt. Denn die Wähler haben ihm ein Problem beschert: Parallel zur Wahl stimmten sie dem Volksentscheid für ein neues Wahlrecht zu.

Danach wird in Zukunft jeder Wahlberechtigte nicht mehr einfach nur ein Kreuz für die Partei seiner Gunst abgeben, sondern fünf Stimmen bekommen. Die kann er beliebig zwischen einzelnen Parteien und deren Kandidaten verteilen. Zwei Kreuze für die SPD, eines für die CDU und dann noch gleich zwei Stimmen für den netten grünen Kandidaten aus der Nachbarschaft. Oder eben auch ganz anders.

„Das kriegen wir am Wahlabend nicht mehr ausgezählt“, ahnt Beiß. Und sinnt deshalb nach elektronischer Hilfe. Automatische Stimmzählgeräte müssen her – Wahlautomaten, wie wir sie etwa aus den USA oder den Niederlanden kennen.

Die Geräte, die Beiß gestern in Hamburg den Medien präsentierte, sehen aus wie ein zu groß geratener Laptop mit Scheuklappen. Diese dienen als seitliche Sichtbegrenzung und verleihen dem Stimmautomaten ein Erscheinungsbild, das an eine Wahlkabine erinnern soll. Der Wähler kürt nun per Knopfdruck seine Parteien und Kandidaten und bestätigt die Wahl wie am Bankautomat. Dann heißt es nach Freigabe durch den Wahlvorstand: Der Nächste, bitte!

Da die Maschine alle eingegebenen Daten speichert, kann sie unmittelbar nach der letzten Stimmabgabe das Ergebnis auf einer Art Kassenzettel ausspucken. Etwa eine Stunde nach der Abstimmung könnte damit das amtliche Endergebnis feststehen. Bereits seit der Europawahl 1999 werden die Geräte in einzelnen Wahlkreisen getestet und haben sich, so Beiß, „bewährt“.

Das neue Hamburger Wahlsystem stellt die Zählmaschinchen allerdings vor völlig neue Herausforderungen. So werden die Wähler ihre fünf Stimmen vermutlich auf knapp 1.000 Kandidaten verteilen können, deren Namen, Beruf und Geburtsdatum übersichtlich auf dem Tableau der Wahlgeräte aufgetragen werden muss. Die ersten Entwürfe dieser elektronischen Wahlscheine haben Plakatgröße und die optische Prägnanz eines Suchbildes.

„Das Problem, die Kandidatenvielfalt auf der Geräteoberfläche abzubilden, ist noch völlig ungelöst“, befindet deshalb auch Farid Müller, Bürgerschaftsabgeordneter der Hamburger Grünen. Zudem erlaubt das elektronisch gespeicherte Ergebnis keine Anfechtung: Konnte bislang jedes Votum durch erneutes Auszählen der Urnen überprüft werden, so lässt das wenig transparente Innenleben eines Chips eine vergleichbare Kontrolle nicht zu.