was macht eigentlich... … die Queen?
: Reflexe auslösen

„Welcome, Your Majesty“, hatte die Bild quer über die letzte Seite gedruckt, die sich die Leser als „Poster royal“ ins Fenster hängen sollten. Gestern lieferte dann die B.Z. die Details des „glanzvollen Staatsbanketts“, bei dem die Königin „gebeitzten Tafelspitz“ (sic) aß. Die Postille, die mit vier Sonderseiten erschien, war so stolz auf die Anwesenheit ihres Reporters beim Zeughaus-Dinner, dass sie zum Beweis ein Foto der Einladungskarte abdruckte.

Man muss es mal ganz ironiefrei sagen: Die devote Fähnchenschwenkerei, mit der Teile der Presse den Besuch von Frau Elizabeth Windsor umjubeln, aber auch die infantile Begeisterung der bundesdeutschen Obrigkeit, ein wenig monarchischen Glanz zu erhaschen, sind geeignet, bei gefestigt demokratischen Beobachtern Brechreiz auszulösen.

Und die Protokollchefs hatten sich echt was einfallen lassen: etwa die Empfangszeremonie am Zeughaus, wo deutsche Soldaten mal wieder Fackeln halten durften. Gestern dann, beim Royals-Ausflug nach Potsdam, hatte man fleißig potemkinsche Döfer errichtet. Für die Fahrt im Panoramazug der S-Bahn bewachten 410 BGSler mit Hunde- und Reiterstaffel die Strecke. Über den von Bürgerlichen gesäuberten Gleisen knatterten Helikopter, und bei der Ankunft schwenkte eine Hundertschaft Windsor-Fans den Union Jack. Für solche Menschen mit intaktem Untertanen-Reflex könnten Bild und B.Z. eigentlich schon mal – honi soit qui mal y pense – den deutschen Text zur Queen-Hymne abdrucken: „Heil dir im Siegerkranz“, abzusingen vor dem Kaiser des Deutschen Reichs. CLP
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