UN-Warnungen an Sudan wegen Darfur

Vertreibung von Flüchtlingen durch Sudans Armee empört Annan. Spannungen auch im Osten und Süden des Sudan

BERLIN taz ■ UN-Generalsekretär Kofi Annan hat die Regierung des Sudan aufgefordert, ihre Armee davon abzuhalten, Flüchtlinge in der Krisenregion Darfur aus ihren Lagern zu vertreiben. Bei Nyala, Hauptstadt der Provinz Süddarfur, hatte das Militär in den letzten Tagen nach UN-Angaben mehrere Vertriebenenlager umstellt und die Bewohner zum Auszug gezwungen. Allein in El Geer mussten nach Angaben des UN-Sonderbeauftragten Jan Pronk 2.000 Flüchtlinge mitten in der Nacht ihr Lager verlassen. Die Zwangsumsiedlung habe erst geendet, nachdem die Vertriebenen sich zur Wehr gesetzt hatten, so Pronk. Nach Angaben des UN-Welternährungsprogramms (WFP) wurden auch die Lager Abu Sharif und Otash bei Nyala am frühen Dienstagmorgen von Soldaten umstellt.

„Solche Situationen können explodieren“, sagte Pronk und sprach von einem „flagranten Bruch des humanitären Völkerrechts und der Abmachungen mit der Regierung“. Er wandte sich vor allem dagegen, dass Sudans Behörden gegenüber den Vertriebenen behaupteten, sie würden mit Zustimmung der UNO umgesiedelt. Am Dienstag hatten die UN-Sicherheitsbehörden in Sudan wegen der sich verschlechternden Sicherheitslage in Darfur bereits eine Suspendierung der Feldmissionen internationaler Hilfswerke auf unbestimmte Zeit verfügt.

Pronk und andere leitende UN-Vertreter äußerten zugleich ihre Sorge über zunehmende Aktivitäten der Rebellenbewegung SLA (Sudanesische Befreiungsarmee) in Darfur. Diese würden das Militär sowie die regierungstreuen Janjaweed-Milizen zu Racheangriffen verleiten. „Es gibt das Risiko, dass die SLA und die Milizen eine neue Gewaltrunde lostreten, die tausende von Zivilisten das Leben kosten könnte“, sagte Kofi Annan. Die SLA erklärte unterdessen, sie werde die laufenden Friedensverhandlungen mit Sudans Regierung in Nigeria nicht abbrechen, und nahm damit eine Drohung vom Wochenende vorerst zurück. „Unsere Delegation ist noch komplett und wir haben nicht vor, innerhalb der nächsten zehn Tage abzureisen“, sagte SLA-Sprecher Magzoub Hussaini.

Die neuen Spannungen sind nicht auf Darfur beschränkt. Sudans Außenminister sagte gestern in der Hauptstadt Khartum, sein Land werde sich gegen jeden Angriff bewaffneter Regierungsgegner aus dem östlichen Nachbarland Eritrea hinaus verteidigen. Ferner sind erneut tausende Menschen in Südsudan auf der Flucht, weil die dort basierte nordugandische Rebellenbewegung LRA (Lord’s Resistance Army) nach Niederlagen gegen Ugandas Armee neue Basen und Versorgungsmöglichkeiten sucht und Dörfer angreift.

Sudans Minister für Bundesangelegenheiten, Nafi Ali Nafi, dementierte am Dienstag Berichte, wonach seine Regierung Truppen in Teilen des Südsudan zusammengezogen habe und den Krieg gegen die Rebellen des Südsudan wieder aufnehmen wolle. Die laufenden Friedensgespräche zwischen der Regierung und den Südsudan-Rebellen über den Abschluss eines im Grundsatz bereits ausgehandelten Autonomieabkommens für den Süden wurden unterdessen auf Ende November vertagt. D.J.