Queen Elisabeth genießt ihr Heimspiel in NRW

Der Staatsbesuch im Landtag zeigt: Nordrhein-Westfalen wurde vor fast 50 Jahren von den Briten erfunden. Und noch heute scheinen führende Politiker der Königin von Großbritannien und Nordirland dafür danken zu wollen

DÜSSELDORF taz ■ Als die Queen gestern vor dem Düsseldorfer Landtag aus ihrem Bentley stieg und über den roten Teppich prozessierte, muss sie sich sehr heimisch gefühlt haben. Rund 1.000 Menschen hissten britische Fähnchen, und die Luft, die bleiern über der Landeshauptstadt lag, ähnelte fettarmer Milch – typisch britisch eben.

Es war der zweite Staatsbesuch in Nordrhein-Westfalen nach 1965. Dass sie nach Berlin und Potsdam auch nach Düsseldorf gekommen ist, wird ihr hoch angerechnet. Schließlich war NRW nach dem Zweiten Weltkrieg auf Initiative der britischen Militärregierung entstanden: als Zusammenschluss von Rheinland und Westfalen in der „Operation Marriage“. Heute verbindet die Nationen mehr: Rund 300 britische Unternehmen haben sich in NRW niedergelassen.

Ein Umstand, auf den Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) stets hinzuweisen beliebt – auch in seiner Rede gestern. Steinbrück nannte NRW im Landtags-Plenum das „Patenkind“ Großbritanniens und betonte, wie wichtig das Bundesland als Wirtschafts-Standort sei. „Die Enge unserer wirtschaftlichen Verflechtung im europäischen Binnenmarkt“ zähle zu den festen Banden zwischen beiden Ländern.

Die Queen mahnte posthum, man solle sich davor hüten, dies als selbstverständlich zu nehmen, da die Beziehungen heute so sehr Bestandteil des Alltags geworden seien. Ebenfalls, so die Queen, dürfe man nicht die „menschlichen Leiden“, die der Krieg auf beiden Seiten verursacht habe, aus dem Blick verlieren. Ein großer Teil dessen, „was wir erreicht haben, wurde gerade dadurch erzielt, dass wir gemeinsam gehandelt haben“, sagte Elizabeth II. Sie reise ab „mit neuem Vertrauen in die tiefe Freundschaft zwischen unseren beiden Ländern“, sprach‘s und nahm sprichwörtlich den Hut.

Ganz wichtig: der Hut! Denn so bedeutend die Worte der Königin auch gewesen sein mögen, manchem Reporter oder Queen-Fan waren sie einerlei. Vielmehr wurde über das Äußere diskutiert: Welche Kopfbedeckung trägt sie da, welche Farbe hat ihr Mantel? So viel sei erwähnt: Hut und Mantel waren sandbraun, also von dezenter Eleganz – im Gegensatz zu den Kleidern, mit dem die ein oder andere Abgeordnete betörte. Da wurden rote Wämschen übergeleibt, bleiche Pullover angeschmissen und Andrea Milz, CDU-Abgeordnete, hatte sich eigens für die Queen ein lachsrosa Vogelnest ins Haar drapiert. Dazu trug sie orangefarbene Stiefeletten.

Kaum war die Königin im Landtag, war sie auch wieder weg. Das strenge Protokoll trieb sie an und den Zeremonienmeistern bisweilen den Schweiß auf die Stirn. Denn obschon die Queen früher in Düsseldorf gelandet war, hinkte der höfische Tross dem Zeitplan hinterher. Hier ein königliches Autogramm, da ein knapper Blick auf eine umfangreiche Ausstellung, und abschließend grüßte die Königin im Landtag drei junge Deutsche, die fortwährend Handys vor ihre Gesichter hielten und mit ihnen sprachen. Hernach noch ein Festmahl im Ständehaus, ein Besuch in der Uni-Klinik. So sehen Staatsvisiten heute aus. BORIS R. ROSENKRANZ