Nachbarn wollen Veedel planen

Im Kölner Westen wollen zwei Investoren an markanter Stelle bauen. Die Anwohner fühlen sich von der Verwaltung überrumpelt und fordern Mitsprache. Sie sorgen sich um Stadtbild und Verkehr

Von Jürgen Schön

Wo heute noch der nüchtern-hässliche Büroblock der Bundesärztekammer – sie ist nach Berlin umgezogen – steht, sollen bald drei moderne „Stadtvillen“ und ein sich elegant dahin schlängelnder Riegel mit insgesamt rund 140 Wohnungen entstehen. Im nächsten Frühjahr beginnt der Abriss, Ende 2006 werden die ersten Mieter am Clarenbachkanal einziehen. So haben es sich der Investor, die Unternehmensgruppe Trilsbach, und dessen Architekt Alexander Fischer gedacht. Doch jetzt droht der Plan zu kippen: Es regt sich Widerstand aus den Kreisen der künftigen Nachbarn.

Die Stimmung war gespannt bis gereizt auf der „öffentlichen Nachbarschafts-Versammlung“, zu der Roland Schüler, grünes Mitglied in der Bezirksvertretung Lindenthal, und der Anwohner Harro Schulze am Mittwoch Abend ins Evangelische Gemeindezentrum der Matthäuskirche geladen hatten. Was die rund 50 Versammelten besonders empörte, war, dass sie zwei Jahre lang nicht über die geplanten Bauvorhaben informiert worden waren und eher zufällig davon erfahren hatten.

Ebenso zufällig waren die Anwohner darauf gestoßen, dass nicht nur im Süden des Clarenbachkanals (offiziell Rautenstrauchkanal), direkt hinter dem denkmalgeschützten Italienischen Kulturinstitut Neues entstehen soll. Am Nordufer des Kanals, der mit seinen breiten Kastanienalleen ebenfalls unter Denkmalschutz steht, soll das ehemalige Autohaus Ford Kierdorf an der Universitätsstraße abgerissen werden. Was genau dort gebaut werden soll, blieb unklar, der Bauherr war nicht zur Versammlung erschienen – anders als Architekt Fischer.

Auch Anne Luise Müller, Amtsleiterin im Stadtplanungsamt, hatte die Einladung abgelehnt, weil sie diese Versammlung als nicht zuständig ansah. Für das Publikum ein Beweis mehr, dass die Verwaltung die Öffentlichkeit scheut. Da spielte es auch keine Rolle, dass deren Vorgehen als grundsätzlich rechtens gewertet werden kann. Die Verwaltung betrachtet die Bauvorhaben als Einzelfälle, die ohne Berücksichtigung der weiteren Umgebung bearbeitet werden können. In solchen Fällen müssen weder Politik noch Öffentlichkeit informiert werden. Dies gilt besonders bei privaten Bauträgern.

Für das anwesende Publikum aber war fraglich, ob es hier wirklich um Einzelfälle geht, schließlich seien der Kanal und seine Randbebauung „Stadtbild prägend“. Nicht zu vergessen die Angst vor mehr Verkehr und wachsendem Parkplatzmangel. „Dieser Fall ist die Nagelprobe, ob die Stadt es ernst meint mit der im Leitbild versprochenen Bürgerbeteiligung“, mahnte Walter Buschmann, der bei der Erarbeitung des Leitbildes in der Arbeitsgruppe Stadtplanung mitwirkte. Die anwesenden Bürger jedenfalls wollten beteiligt werden. Und so füllten sich schnell die Unterschriftenlisten, auf denen ein Bebauungsplan für den Bereich um den Clarenbachkanal zwischen Aachener und Dürener Straße gefordert wurde.

Ein solcher Plan legt unter anderem für ein weiträumiges Gebiet die Nutzung und die Bauhöhen fest. Vor allem aber regelt er die Mitsprache der Bevölkerung. Schüler will, gestützt auf den „Bürgerwunsch“, in der Bezirksvertretung die Erstellung eines Bebauungsplanes fordern. Indes warnte Architekt Fischer vor einer möglicherweise damit verbundenen Bauverzögerung. Es bestände die Gefahr, dass der Investor, der der Stadt „Gutes tun wolle“, die alten Gebäude stehen lasse und nur anders nutze.

Lindenthals Bezirksvorsteherin Helga Blömer-Frerker (CDU) reagierte schnell auf den aufkommenden Protest und setzte die Information über die Bebauung kurzfristig auf die Tagesordnung der gestrigen Bezirksvertretungssitzung. Sollte es Bedarf geben, erklärte sie der taz, könne eine umfassendere Bürgerinformation beschlossen werden. Im übrigen hält sie die Bebauung für „kein Problem“.